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Wenn Schlusslicht schnell wandert, lebt das Kloster

Schlusslicht an den Jüngsten ist Tradition in der Benediktiner Abtei Königsmünster: Interview mit Bruder Josef.

Tradition der Novizen in der Benediktiner Abtei Königsmünster: Interview mit Bruder Josef

Eine Tradition im Kloster ist es, das Schlusslicht an den Jüngsten des Konvents weiterzugeben. Wann immer ein neuer Postulant in die Benediktiner Abtei Königsmünster in Meschede eintritt, überreicht der nun Zweitjüngste diesem das Licht. Bruder Josef Ellendorff OSB war zuletzt Träger des Schlusslichts und durfte es nun an den neuen Postulanten weitergeben. Lesen Sie seine Erfahrungen im nachfolgenden Interview.

Redaktion:

Sehr geehrter Bruder Josef, jede Sportlerin, jeder Sportler oder Verein ist froh, das Schlusslicht abgeben zu dürfen. Wie fühlen Sie sich, das Schlusslicht an einen neuen Postulanten überreicht zu haben?

Bruder Josef:

Ich freue mich wahnsinnig, dass es nicht sehr lange, also nur sechs Monate lang gedauert hat, bis ich das Schlusslicht abgeben konnte. Das ist ein sehr gutes Zeichen: Unser Kloster lebt und wir haben Nachwuchs! Damit geht es uns in der Abtei Königsmünster, was dieses Thema angeht, tatsächlich vergleichsweise gut. Dass ich das Schlusslicht so bald abgeben durfte, zeigt aber auch generell: Es besteht nach wie vor ein gewisses Interesse junger Leute am Ordensleben!

Redaktion:

Das Schlusslicht hat vielseitige Bedeutungen: Tabellenende, Letzter in einer Reihenfolge, Schlussleuchte am Ende des Autos oder die Redewendung „Er sah nur die Schlusslichter“, wenn man etwas verpasst hat. Welche Rolle hatten Sie als Träger des Schlusslichtes?

Bruder Josef

Ich selbst habe es als sehr positiv empfunden, das Schlusslicht eine Zeit lang tragen zu dürfen, also der Jüngste in unserer Mönchsgemeinschaft zu sein. Wir „jungen“ Mönche, werden schließlich nicht als „die letzten Hänger“ gesehen, die höchstens den anderen Mitbrüdern hinterherräumen und hinterherputzen dürfen oder so, sondern wir werden von der gesamten Gemeinschaft über einen längeren Zeitraum beim Hineinwachsen ins Kloster begleitet. Das ist eine ganz spannende Zeit, in der man, neben der Einübung in Gebet und Arbeit, täglich neue Dinge über das Klosterleben in Praxis und Theorie erfährt – man lernt viel über das Leben in der Gemeinschaft.

Redaktion:

Im Orden der Benediktiner hat die Überreichung des Schlusslichtes an den Jüngsten des Konvents eine große Tradition. Mögen Sie uns diese erklären?

Bruder Josef:

Die Tradition des Schlusslichts ist ja nicht generell in allen BenediktinerInnen-Klöstern verbreitet, sondern ich kenne dies nur von unserer Gemeinschaft, die ja verschiedene eigene Bräuche hat, die dem Leben hier eine ihr spezifische „Würze“ verleihen. Damit meine ich zum Beispiel auch Bräuche wie das gesungene Tischgebet zu den Mahlzeiten, die offenen Fürbitten in der Mittagshore und so weiter. Einer dieser Bräuche ist es also, dass der zuletzt eingetretene Mitbruder bei seinem Eintritt in unsere Gemeinschaft von seinem „Vorgänger“ eine recht alte, metallene Laterne überreicht bekommt, wie man sie vielleicht zur Gartendekoration kennt. Es ist üblich, dass der neue Mitbruder diese Laterne dann ab und zu, z. B. abends oder zu besonderen Anlässen, vor sein Zimmer stellt und eine Kerze darin anzündet. Dies dient als Zeichen, dass er wiederum um weiteren Nachwuchs, also um neue Berufungen, betet. Er nimmt gewissermaßen diese Verantwortung wahr. Die Laterne ist im schwach erleuchteten Flur auch den anderen Brüdern gut sichtbar. So kann dies auch ihnen eine Einladung zum Gebet um neue Berufungen sein. Der Träger des Schlusslichtes trägt also die Verantwortung dieses Gebetes nicht allein, sondern er kann sich gewiss sein, dass auch die anderen Mönche sie mittragen.

“Die Faszination des Mönchtums zieht sich wie ein sprichwörtlicher „roter Faden“ durch mein ganzes Leben.”

Bruder Josef Ellendorff OSB

Redaktion:

Welche Wünsche und Hoffnungen übergeben Sie als Novize mit dem Schlusslicht an den neuen Träger?

Bruder Josef:

Ich bin überzeugt, dass jeder Mönch bereits vor seinem Eintritt eine Sehnsucht verspürt, die ihn ins Kloster führt. Ursprung und Ziel dieser Sehnsucht sind gewiss Gott. Er ist es, den man hier suchen möchte. Er ist es, der einen auf diesen Lebensweg lockt, der sich vom Lebensweg der meisten seiner Freunde und Bekannten unterscheidet.

Es handelt sich also um eine Sehnsucht, die in diesem Leben höchstens sehr begrenzt und flüchtig erfüllt werden kann, denn tatsächlich „bei Gott“ werden wir wohl erst nach diesem Leben sein. Dennoch erfahre ich persönlich, dass diese Suche, diese Gottesbeziehung, nicht ins Leere läuft, sondern dass das Kloster tatsächlich ein Ort ist, wo ich Gott erfahren kann – mal mehr und mal weniger, natürlich. Dem neuen Träger des Schlusslichts wünsche ich also zuallererst, dass er merken möge, dass er am richtigen Ort ist und dass er Gott – auf welche Weise auch immer – erfahren möge! Ich wünsche Ihm einen guten Start auf seiner Suche, die sein Leben lang andauern wird!

Ich wünsche ihm außerdem, dass er die Vielzahl der alltäglichen Herausforderungen gut meistert, dass er gute Kontakte innerhalb und außerhalb des Klosters zu pflegen vermag, dass ihn nicht nur das Gebet, sondern auch die Arbeit erfüllt und dass er nebenher auch nicht vergisst, er selbst zu sein.

Ebenfalls ist es ein Wunsch an ihn und an uns, dass wir auch in Zukunft oft die Freude erfahren, einen neuen Mitbruder in unsere Gemeinschaft aufnehmen zu dürfen, der dann wiederum jeweils für einige Zeit der Hüter des Schlusslichts sein darf!

Redaktion:

Der Jüngste im Konvent bedeutet also nicht der Jahrgangsjüngste, sondern der Jüngste, der zuletzt in den Orden eingetreten ist?

Bruder Josef:

Genau! Tatsächlich bin ich nach dem Lebensalter der jüngste Mönch in unserem Konvent. Aber in einem Benediktinerkloster zählt eben nicht das Lebensalter, sondern das Eintrittsalter. So ist derjenige, der zuletzt ins Kloster eingetreten ist, der Jüngste. Dies gilt also ganz unabhängig davon, wie viele Tage er schon auf Erden verbracht hat. Es entsteht also so etwas wie eine vorgegebene Reihenfolge – eine Rangfolge, die jedoch auf keinen Fall eine „Hackordnung“, keine knallharte Hierarchie ist!

Im Gegenteil: Der heilige Benedikt, der ja der Autor unserer Klosterregel ist, hat erkannt: Eine Gemeinschaft funktioniert auf lange Sicht nicht ohne eine ihr zu Grunde liegende Ordnung. Jeder Einzelne möchte wissen, wo sein Platz in der Gemeinschaft ist und wo er in Fragen des Alltags „an der Reihe“ ist. Das Konzept des Eintrittsalters bewirkt, dass dem einzelnen Mönch der Platz in der Mönchsgemeinschaft bereits mit dem Eintritt gegeben ist. So braucht man sich seinen Platz nicht erkämpfen und dies wäre auch gar nicht möglich. Der Versuch, sich einen „höheren Platz“ in der Rangordnung des Klosters zu erkämpfen läuft ins Leere, aber es muss auch niemand um seinen eigenen Platz fürchten oder ihn sich sichern.

Zudem sagt die Benediktsregel, dass ein Mönch in seiner Gemeinschaft „die Älteren ehren“ und „die Jüngeren lieben“ (RB 4,70f) soll. Also handelt es sich, wie gesagt, auf keinen Fall um eine Hackordnung, in der man seine Untergebenen schlecht behandeln würde, um sich auf seinem eigenen Platz zu behaupten.

Vielmehr dient die Regelung der Ordnung nach dem Eintrittsalter also – wie ganz viele Aspekte der Benediktsregel – dem Frieden des einzelnen Mönches in seiner Gemeinschaft. Es soll mit dem spürbaren Frieden ein „Vorgeschmack des Himmels“ realisiert werden.

Redaktion:

Anfang Mai war der „Weltgebetstag um geistliche Berufungen“ und wurde auch in der Liturgie durch das Evangelium des „Guten Hirten“ (Joh, 10,5) begleitet. Sie haben sich nach dem Studium der Religionspädagogik vor zwei Jahren zum Eintritt ins Kloster entschieden. Was waren ihre Beweggründe?

Bruder Josef:

Mit dem Gedanken, einem Kloster beizutreten, habe ich tatsächlich schon einige Jahre lang gespielt. So eine Entscheidung wächst ja meist über einen längeren Zeitraum heran und ist sehr persönlich, also von Mensch zu Mensch unterschiedlich, aber zum jeweiligen Menschen passend. Ich glaube, Gott weiß genau, wie er uns anspricht, wenn wir uns ansprechen lassen wollen!

Die Faszination des Mönchtums zieht sich wie ein sprichwörtlicher „roter Faden“ durch mein ganzes Leben. Beispielsweise habe ich mich bereits in der Grundschule einmal zu Karneval als Mönch verkleidet, was in meiner katholischen Grundschule ganz gut ankam, oder ich erinnere mich daran, dass mein Vater vor vielen Jahren einmal eine Dokumentation über ein Kloster im Fernsehen angeschaut hat, die ich zufällig mitgeschaut habe. Das hat mich dann sehr fasziniert!

Mit dem Ende meiner Schulzeit ist auch die Sehnsucht nach einem Leben gewachsen, das tagtäglich vom Glauben durchwirkt ist und in dem Gott die allererste Stelle einnimmt. Das Studium der Religionspädagogik war da bereits ein Schritt in die richtige Richtung. Ich konnte über die drei Jahre des Studiums weiter reflektieren, wie ich mir denn so ein Leben vorstelle, auf welchem theologischen Grund es stehen sollte und wo ich denke, dass ich – so wie ich bin – hingehöre. Bei einem Wochenendaufenthalt in der Abtei Königsmünster im Frühjahr 2018, war ich sofort überrascht von der Herzlichkeit und Offenheit der Gemeinschaft, sowie von der Liturgie, die mich auf schwer beschreibbare Weise angesprochen hat. Ich habe also im darauffolgenden Spätsommer einen Monat lang in der Gemeinschaft im Rahmen des Angebotes „Kloster auf Zeit“ mitgelebt. Danach wusste ich eigentlich schon recht sicher, dass ich hier in Meschede ins Kloster eintreten würde

Redaktion:

Gibt es für Sie eine Bibelstelle, in der Sie persönlich eine Berufung „herausgehört“ haben?

Bruder Josef:

Die Benediktsregel orientiert sich ganz stark an der Heiligen Schrift.

Nach einem Regelbuch, das mir ohne Begründung sagen würde, was ich zu tun habe, würde ich nicht leben wollen, aber so gut wie jeder Vers der Benediktsregel ist in irgendeiner Weise von der Bibel inspiriert, denn sie möchte eben die Weisungen der Bibel in eine konkret lebbare Form bringen. Ich möchte mich also bei der Beantwortung dieser Frage auf die Regel beziehen, denn da gibt es ein Wort, das mich besonders anspricht und mir Hoffnung gibt, wenn ich mich auf diesen Lebensweg mache. Und es ist wirklich nur ein Wort, das wohl ganz absichtlich den Schluss der Regel bildet: Das lateinische Wort pervenies, d. h. „du wirst ankommen“. Das ist eine große Verheißung!

Aber streng genommen gibt es nicht eine Bibelstelle schlechthin, die mich persönlich anspricht, sondern immer wieder werde ich von der Bibel auf unterschiedliche Weisen und von unterschiedlichen Stellen angesprochen.

Die Bibel ist ein lebendiges, das Leben begleitendes Buch.

Dieses ganze Buch fasziniert mich. Es zeigt den Weg Gottes mit den Menschen auf. Es Lädt auch mich ein, mich vertrauensvoll auf den Weg zu machen. Denn das beinhaltet seine Botschaft: Keine Angst zu haben, zu vertrauen und zu wissen: Auch wenn das Leben nicht immer eitler Sonnenschein ist, kann ich sicher sein, dass Gott mich auf dem Weg nicht allein lässt und es mit mir gut machen wird. Wir werden die Schule des Lebens im Vertrauen auf Gott bestehen und Gott wird uns Menschen durch jede Bedrängnis hindurch in die Freiheit führen! Wir werden gewiss ankommen!

Redaktion:

Ihr Hobby ist Fotografie – wie würden Sie Glauben in einem Bild festhalten?

Bruder Josef:

Das ist keine ganz leichte Aufgabe, denn viele Fotos, die ich mache, kann ich mit den Augen des Glaubens deuten.

Aber auf die Schnelle fällt mir ein Foto ein, dass ich vor einigen Jahren im Urlaub an der dänischen Westküste gemacht habe. (Anmerkung der Redaktion: Foto siehe unten)

Zu sehen ist ein Angler, der geduldig seine Angel ins Meer auswirft.

Glauben heißt auch, geduldig sein. Nicht jeden Tag wird man einen guten Fang haben, aber man darf dennoch darauf vertrauen, dass man nicht leer ausgehen oder ewig hungern wird.

Der Angler angelt wohl selten nur für seine eigene Versorgung mit Lebensmitteln. Auch ich möchte meinen Glauben nicht nur für mich selbst, aus Eigeninteresse pflegen, sondern ich möchte ihn auch an andere Menschen weitergeben und ihnen davon erzählen. Vielleicht kann ich meine Mitmenschen ja auf den Geschmack des Evangeliums bringen, damit sie selbst „ihre Angel auswerfen“ und sich auf die Suche nach dem machen, was mich begeistert, motiviert und zur Ruhe kommen lässt, damit auch sie den Schatz entdecken, den ich entdecke!

Foto: Br. Josef Ellendorff OSB

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