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Erzbistum Paderborn
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Morgenandachten im DLF von Weihbischof Matthias König

Weihbischof Matthias König sprach vom 19. bis 24. Oktober 2020 die Morgenandachten im Deutschlandfunk

Morgenandachten im Deutschlandfunk
19. – 24. Oktober 2020
von Weihbischof Matthias König, Paderborn

Mission Impossible

„Mission Impossible“ – neulich lief dieser bekannte Film mal wieder in einem der Fernsehkanäle. Sein Titel ist längst zu einem geflügelten Wort geworden.

Mission Impossible – Unmögliche Mission! Für Christen scheint dies auch die Überschrift für alles zu sein, was mit christlicher Mission zusammenhängt. Also mit dem Auftrag, die christliche Botschaft zu den Menschen zu tragen. In unserem Zeitalter und in unserer Gesellschaft ist das schwer. Es gibt viele Vorbehalte, denn die Kirche hat es durch ihre dunklen Seiten den Menschen nicht unbedingt leichter gemacht, den Glauben, den sie verkündet, anzunehmen.
Dazu kommt der durchgehende Vorwurf, dass Mission in vergangener Zeit ein Werkzeug der Kolonialisierung war. Nach den Eroberern kamen vor Jahrhunderten die Missionare in die anderen Erdteile, um die Völker dort auch „geistlich“ zu unterjochen und sie brav zu halten.

Natürlich gibt es dunkle Kapitel in der Missionsgeschichte der verschiedenen christlichen Kirchen, die niemand leugnen kann. Doch vieles davon ist kritisch aufgearbeitet worden. Niemand leugnet, dass es unglückliche Verquickungen und negative Zusammenhänge gab. Mir jedoch hat eine Begegnung, die ich vor Jahren im Inselstaat Papua-Neuguinea haben durfte, einen anderen Blickwinkel eröffnet: Beim Besuch eines Friedhofs, auf dem Missionarinnen und Missionare der Anfangszeit beerdigt sind, trafen wir eine alte, einheimische Ordensschwester. Sie erkannte uns als Europäer, sprach uns an und sagte: “Where were we people without the missionaries? They have brought us the light of the gospel.” „Wo wären wir heute ohne die Missionare damals? Die Missionare haben uns das Licht des Evangeliums gebracht.“

Diese Schwester hat vielleicht noch als Kind in einer christlichen Missionsschule erleben dürfen, mit welcher Hingabe Ordensschwestern und Missionare dort ihren Dienst an den Einheimischen getan haben, mit welcher Liebe sie den Kindern und Jugendlichen Bildung nahe bringen wollten. Sie wird noch erfahren haben, wie sie vor allem versucht haben, die ständig im Kampf befindlichen rivalisierenden Stämme zum Frieden zu bringen. Denn auch das war eine Wirkung der Missionare.

Die Aufgabe: Versöhnung und Frieden schaffen

Gerade dort in Papua-Neuguinea gehört es zu den Aufgaben der Christen im Land, Versöhnung und Frieden zu schaffen, damit die Menschen ihr Dasein auf einer verlässlichen Grundlage aufbauen können.

Das gilt übrigens für viele Teile der Welt. Schon immer wollte die christliche Mission Menschen Hilfe für ein besseres Leben bringen, und zwar in einem umfassenden Sinn – für Leib und Seele. Ein Bemühen dabei war immer auch, Frieden zu stiften, Menschen, die traditionell verfeindet waren, zur Erkenntnis zu führen, dass der ständige Kampf gegeneinander nur Leid und Unglück bringt. Dabei sollten sie auch erkennen, welche Wege aus Konflikten führen.

Der tiefste Grund solchen Mühens war und ist der Glaube an einen Gott, der in seinem Sohn Jesus Christus ein Gott des Friedens ist. Durch ihn hat er Frieden in die Welt getragen und stiftet ihn immer wieder. Es ist ein Gott, der in Jesus Christus gelehrt hat, dem Mitmenschen zu verzeihen, erlittenes Unrecht nicht mit Unrecht zu vergelten, sondern die Kette der Gewalt zu durchbrechen.

In der berühmten Bergpredigt, die so etwas ist wie die Grundbotschaft seiner Verkündigung, prägt Jesus den Satz „Selig, die Frieden stiften“. Das ist in diesem Jahr das Motto des Monats Oktober, der in der Weltkirche als Monat der Weltmission gefeiert wird. Es macht darauf aufmerksam, dass dies der eigentliche Sinn christlicher Mission ist: Menschen ein besseres Leben dadurch zu eröffnen, dass sie im Frieden mit sich und mit anderen leben können.

Dem Frieden (D)ein Gesicht geben

Elf lachende Gesichter schauen mich an – von dem großen Plakat, das auf den Sonntag der Weltmission am 25. Oktober hinweist. Er liefert in der katholischen Kirche für diesen ganzen Monat Oktober eine Überschrift, die sich an einem wichtigen Wort aus der Bergpredigt Jesu orientiert: „Selig, die Frieden stiften.“ (Mt 5,19).

Darunter liest man: „Solidarisch für Frieden und Zusammenhalt“.

Die elf Gesichter stammen von Menschen aus Westafrika und sind so zusammengestellt, dass sie einen Olivenzweig bilden. Die einzelnen Personen erscheinen auf den Blättern dieses Zweiges, dem Friedenssymbol schlechthin. Ihr Blick richtet sich auf den Betrachter, ihr Lächeln geht ins Herz.

Mir erschließt das eine wunderbare Botschaft. Sie ist in einem der neueren geistlichen Lieder gut gefasst. Sein Titel: „Ich möchte gerne Brücken bauen“. Die Quintessenz: „Ob Frieden wird, das liegt an mir“.

Ob Frieden wird, das liegt an mir

Wirklich ein bedenkenswertes Wort. Es macht mich darauf aufmerksam, dass Frieden in der Welt immer bei mir selbst anfängt. Denn wenn ich voller Groll und innerem Unfrieden bin, dann geht dieser Unfriede von mir aus. Andere leiden unter meiner Laune, werden davon angesteckt. Manchmal werden sie aggressiv, weil ich es auch bin. Das kann Kettenreaktionen auslösen, die nicht gut sind.

Wenn ich dagegen mit mir im Gleichgewicht bin, dann kann ich Frieden ausstrahlen, so wie das die freundlichen und lachenden Gesichter auf den Olivenblättern tun, die das Friedenssymbol bilden.

Solche Menschen tun uns gut. Man kommt mit ihnen zusammen und fühlt sich angenommen, verstanden und bei ihnen gut aufgehoben. Das innere Gleichgewicht, in dem sie sich befinden, bringt auch mich aus aller Unruhe in ein Gleichmaß, das mir inneren Frieden ins Herz senkt. Solche Menschen sind wichtig für die Welt. Sie sind wichtig für das Miteinander der Menschen. Sie verändern im Kleinen, was dann im Großen Wirkung zeigt. Es sind zum Teil große Namen, die immer wieder in den Medien auftauchen, und die bis heute Vorbilder sind, auch wenn sie längst gestorben sind: Mahatma Gandhi wird immer wieder genannt, Albert Schweitzer oder Mutter Teresa aus Kalkutta. Glücklicherweise gibt es aber auch heute viele Menschen in allen Religionen, die sich der Aufgabe, Versöhnung zu schaffen, verpflichtet wissen und nach dem Motto leben: „Selig, die Frieden stiften“.

Dem Frieden das eigene Gesicht geben

Ein hoher Anspruch der Christen ist es, diesem Frieden ein Gesicht zu geben, und zwar das jeweils eigene Gesicht.
Auf den Blättern des angedeuteten Olivenzweiges sind Beispiele dafür zu sehen: Es sind Frauen und Männer, Bischöfe, Priester, Ordensschwestern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus afrikanischen Ortsgemeinden, die auf ihre Weise und mit großem Einsatz zu den Menschen gehen, um ihnen die Botschaft vom Frieden ins Herz zu geben. Sie tun es indem sie das Evangelium verkünden. Sie tun es aber auch ganz praktisch, indem sie Menschen zu Bildung verhelfen, für bessere Gesundheit arbeiten, sowie elementare Bedürfnisse und Not erkennen und entsprechend handeln.

Mir fällt die Gemeinschaft Sant’Egidio ein, die im ostafrikanischen Mosambik vor Jahrzehnten hinter den Kulissen mit den verschiedenen verfeindeten Parteien eines Bürgerkrieges Verhandlungen geführt hat, sodass daraus ein Friede wurde, der bis heute hält. Mir fällt einer unserer Missionare aus dem Erzbistum Paderborn ein, der als einziger europäischer Missionar bei seinen Leuten in der Zentralafrikanischen Republik, einem völlig zerrütteten Land, geblieben ist. Dadurch will er Hoffnung schenken. Durch sein Wirken und seine Gegenwart zeigt er den Menschen: Frieden ist möglich.

Jeder Mensch hat eine Mission

Die Botschaft solcher Beispiele an jeden Menschen guten Willens: Jeder Mensch hat eine Mission, eine Sendung in die Welt hinein. Ich bin berufen, dem Frieden mein Gesicht zu geben. Damit andere Menschen Frieden ins Herz nehmen, damit Friede sich ausbreitet – wie der sprichwörtliche Stein, der ins Wasser fällt und Kreise zieht.

Denn – wie sagt das moderne Lied: „Ob Frieden wird, das liegt an mir“.

Frieden fängt im Kleinen an

„Ich kann doch auch nichts daran ändern! Wer bin ich schon?“

Das ist eine beliebte Formel, um unsere eigene Untätigkeit in schwierigen Situationen zu rechtfertigen. In der Aussage steckt die Empfindung, keinerlei Einfluss zu haben, keine Hausmacht, keine Anhängerschar. Darum die Schlussfolgerung: „Was kann ich schon bewirken? Ich habe keine Rednergabe, kein Durchsetzungsvermögen, keine Führungsqualitäten, wie soll ich da etwas verändern?“

Dabei lebt die Welt und die Menschheit von Personen und Persönlichkeiten, die genau die Blockade überwinden, die in dem Satz steckt: „Ich kann doch auch nichts daran ändern“. Schritt für Schritt tasten sie sich vor, und erreichen etwas. Es sind jene Menschen, die dadurch auf Dauer Veränderung anstoßen, weil sie einfach etwas wagen, auch wenn es zunächst aussichtslos erscheint.

Mit Gelassenheit und Zuversicht

Solch einen Menschen durfte ich vor drei Jahren während der Kampagne zum Monat der Weltmission in unserem Erzbistum Paderborn kennenlernen: Er heißt Abbé Charlemagne Sawadogo und stammt aus dem westafrikanischen Land Burkina Faso. Wer ihm begegnet, ist beeindruckt von der Gelassenheit und Zuversicht, die er ausstrahlt. Und das, obwohl er in einem Umfeld lebt und arbeitet, wo einem das vergehen kann. Abbé Charles ist in einem Gebiet tätig, in dem es viele illegale Goldminen gibt und Menschen durch lebensgefährliche Arbeit versuchen, etwas für ihr alltägliches Auskommen zu erwirtschaften. Sie graben Löcher in die Erde, die nicht abgesichert und darum in höchstem Grad einsturzgefährdet sind. Sie setzen zum Auswaschen des Goldes Quecksilber ein und atmen die Dämpfe ungeschützt ein – mit all den Konsequenzen, die das für ihre Gesundheit hat. Immer und immer wieder kommt es zu Einbrüchen dieser Minen, die Todesopfer fordern. Und jetzt kommt noch Corona hinzu: Viele leugnen das Virus, es gibt keinerlei Vorsicht, weswegen sich die Krankheit ungehemmt ausbreiten kann.

Abbé Charlemagne hat in diesem schwierigen Umfeld eine Anlaufstelle für die vielen Kinder und Jugendlichen aufgebaut, die in den Goldminen arbeiten. Er ist dort präsent, sorgt für etwas zu essen, berät, hört zu, vermittelt Schulausbildung als Schlüssel für ein besseres Leben. Damit zeigt er eine Zukunftsperspektive auf, die viele bislang nicht hatten. Denn die Kinder und Jugendlichen arbeiten ja nicht aus Vergnügen dort, sondern weil sie ums schiere Überleben kämpfen. Er selbst sagt zu seiner Motivation: „Gott sorgt sich um unser Leben, weil er will, dass wir immer glücklich und erfüllt sind. Er hat uns für das Leben geschaffen. Er hat uns nicht als Sklave eines Virus geschaffen. Lassen wir uns also nicht entmutigen. Verzweifeln wir nicht.“ (Missio Materialheft 2020, S. 6)

Ein Tun, das letztlich auch Frieden schafft

Hinter Abbé Charles‘ Worten steckt eine Hoffnung, die tatsächlich den Teufelskreis des „Ich kann doch auch nichts tun!“ durchbricht. Es ist ein Tun, das letztlich auch Frieden schafft. Die Region, in der er arbeitet, ist unruhig. Immer wieder verüben Islamisten Anschläge. Tausende sind bereits geflohen. Indem er Kindern und Jugendlichen hilft, aus der Arbeitssklaverei herauszukommen, gibt er ihnen eine Perspektive. Wer die Schule absolviert und dadurch eine vernünftige Arbeit findet, der lässt sich nicht radikalisieren und für Terror oder Verbrechen anwerben.

In der jetzigen Corona-Krise kommt noch die Aufklärung hinzu, die er und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Krankheit und die Schutzmöglichkeiten in diesem Zusammenhang bieten. Mit Geduld und Beharrlichkeit bringt Abbé Charles – wie so viele Missionare – die Botschaft zu den Menschen, dass ein anderes Leben möglich ist. Langsam, so sagt er selbst, kommt sie an.

So geht es mit Friede und Veränderung. Beides braucht Geduld und die Beharrlichkeit, immer und immer wieder neu anzufangen. Beides braucht das Vorbild, damit der Gedanke Kreise ziehen kann: „Ich kann etwas tun!“ Denn: Wie so vieles Gute in der Welt fängt auch der Friede im Kleinen an.

Missio@home

Wundertüte – manche aus meiner Generation werden sich daran erinnern, dass es das in unserer Kindheit und Jugend gab. Man ging zu einem Kiosk, zahlte dort 20 oder 50 Pfennige, und bekam eine bunte Tüte, die den Inhalt noch verhüllte. Wenn man dann Glück hatte, war außer bestimmten Süßigkeiten in der Tüte eine begehrte Sammelfigur oder ein Bildchen, das man in ein Album kleben konnte. Aber oft hatte man enttäuscht Sachen vor sich, mit denen man nichts anfangen konnte.

Eine Wundertüte für Solidarität in Corona-Zeiten

An die Wundertüte aus meiner Kindheit habe ich denken müssen, als ich von einer Aktion des Hilfswerks missio erfahren habe. „Missio@home“ – so heißt eine Art Wundertüte, die das katholische Hilfswerk für Zuhause verteilt, da die üblichen Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Weltmissionsmonat Oktober nun nicht öffentlich stattfinden können. Es ist eine interessante Zusammenstellung, wie der Gedanke der Solidarität und der Hilfe in der Weltgemeinschaft in Corona-Zeiten zu möglichst vielen Menschen kommen kann. So befinden sich in der Tüte z.B. Rezepte für typische Mahlzeiten aus Westafrika für ein Solidaritätsessen zuhause, dazu passend gestaltete Freundschaftsbändchen und Vorschläge für Kurzandachten.

Normalerweise lebt die Arbeit unserer kirchlichen Hilfswerke vom persönlichen Austausch und intensiver Begegnung. Das hat Corona in diesem Jahr weitgehend durchkreuzt. Missio „at home“, also zu Hause, heißt dann trotzdem „nahe dran“. Das möchte die Tüte des Hilfswerks letztlich erreichen. Sie bringt Beispiele frei Haus, wie Menschen aus ihrem Glauben heraus handeln, wie sie Botinnen und Boten des Friedens und der Gerechtigkeit werden.

Eines dieser Beispiele erzählt von Schwester Marie Catherine, die für einen christlichen Orden im westafrikanischen Niger wirkt. Sie arbeitet in einer Gegend, die von Hunger und Terror bedroht ist, in weit entfernten Dörfern, in die sonst kaum etwas von Entwicklung hineinkommt. Mit ihrer Hilfe begann der Kampf gegen Unterernährung der Kinder. Ein Herzensanliegen ist ihr die Ausbildung von Mädchen, die schon oft im Kindesalter verheiratet werden. Schwester Marie Catherine fährt in die Dörfer, spricht mit den Dorfältesten und Imamen der muslimischen Mehrheit vor Ort und hatte Erfolg. Mädchen dürfen nun die Schule besuchen, die Überlebenschancen von Kindern sind gestiegen. Und wie wichtig die Anwesenheit von ihr und ihren Mitschwestern ist, zeigt sich angesichts der Corona-Pandemie. Die Schwestern koordinieren Schutzmaßnahmen, organisieren Lebensmittelhilfen und unterrichten die Frauen in der Herstellung von Seife. Weil sie das Leben mit ihnen teilen, wissen sie genau, wer welche Hilfe braucht. Damit ist ein wunderbares Zeichen der Solidarität über die Religionsgrenzen hinaus gesetzt.

Und es ist eine Bewegung, die Frieden im Kleinen schafft. Menschen, die sich kritisch oder in Unkenntnis gegenüberstanden, weil sie unterschiedlichen Religionen angehören, lernen sich als Mitmenschen kennen. Und dadurch wird eine Grundlage für Frieden bereitet, die in dieser Region so nötig ist. In der Tüte mit dem Titel „Missio@home“ wird aber neben solchen Beispielen aus der Praxis auch deutlich, dass Christen an das Netzwerk des Gebetes glauben. Das zeigen die beigefügten Vorlagen für Gottesdienste und das persönliche Gebet. Das Gebet kann die Welt verändern und soll es auch. In einem solchen Gebet heißt es „Selig, die in Zeiten der Not Solidarität leben, die die Maske der Einsamkeit abstreifen, die in Gemeinschaft über sich selbst hinauswachsen, sie werden die Welt erneuern. Selig, die in Zeiten der Not den Horizont offen halten, die Türen der Hoffnung auftun, die den Menschen Leben, Licht und Zuversicht bringen. Sie werden Frieden stiften. (Material zum Sonntag der Weltmission, missio Aachen 2020)

Keine Einbahnstraße

Mission – das ist ein Wort, das wir hierzulande eher mit der Vergangenheit verbinden. Mit einer Zeit, in der buchstäblich Zehntausende meist junger Frauen und Männer von hier aus in die Welt zogen, um in Afrika, Asien und Lateinamerika zu arbeiten und den Einheimischen den christlichen Glauben zu bringen. Diese Zeiten sind lange vorbei. Die Missionarinnen und Missionare von damals haben Unglaubliches geleistet und dafür ihr Leben eingesetzt. Das ist mir klar geworden, als ich vor Jahren im westafrikanischen Benin einen Friedhof besuchen durfte, auf dem die ersten Missionarinnen und Missionare im 19. Jahrhundert begraben waren. Kaum jemand von diesen Frauen und Männern ist über 35 Jahre alt geworden. Manche waren erst Anfang 20, als sie kurz nach ihrer Ankunft dort starben und beerdigt wurden.

Diesen meist jungen Leuten ging es nicht darum, „Seelen zu fangen“, wie der Vorwurf ja oft lautet. Denn wenn sie eine Missionsstation errichteten, wurde natürlich zunächst die Kapelle als geistlicher Mittelpunkt gebaut. Doch unmittelbar damit ging der Aufbau einer Schule und einer einfachen Krankenstation einher. Man wollte – so nennt man es heute – den Menschen „ganzheitlich“ dienen. Ihr Leben sollte verbessert werden, sie sollten eine deutliche Zukunftsperspektive bekommen.

Warum tut ihr das?

„Warum tut ihr das?“ fragen Menschen bis heute, wenn zum Beispiel in Indien Ordensschwestern die Alten und Kranken aufsuchen, manchmal sogar buchstäblich von der Straße auflesen und in ein Haus bringen, wo sie gepflegt und betreut werden. „Warum tut ihr das?“ fragen Menschen in Afrika, wenn die Christen Aids-Waisen, die keine Angehörigen mehr haben, in gemeinschaftliche Häuser bringen, um sie dort zu ernähren zur Schule gehen zu lassen und ihnen mit Liebe eine Zukunft zu schenken. Oder wenn die Ausgestoßenen und „Unberührbaren“ mit Liebe gepflegt werden.

Wie damals die jungen, europäischen Missionarinnen und Missionare, an deren Gräbern ich mit Staunen und Ehrfurcht gestanden habe, so werden auch heute diese Botinnen und Boten des christlichen Glaubens von einem Gott erzählen, der alle Menschen gleichermaßen liebt und jedem und jeder eine unveräußerliche Würde zugedacht hat.

Aber längst hat sich die Richtung umgekehrt: Menschen aus anderen Erdteilen kommen heute als Missionare nach Deutschland und leben unter uns. In unserer katholischen Kirche sind es oft Priester und Ordensleute, die aus ihrer Heimat hierhergekommen sind, um auf ihre Weise und durch ihr Tun Gottes Liebe zu bezeugen und ihr ein Gesicht zu geben. Vermehrt gibt es aber auch die jungen Leute hierzulande, die meist nach Abschluss der Schule am Projekt „Missionar/-innen auf Zeit“ teilnehmen. Das gibt es seit 35 Jahren und es macht möglich, dass sowohl von Deutschland aus Jugendliche und junge Erwachsene in andere Erdteile gehen, um dort ein Jahr oder länger mitzuarbeiten. Aber auch umgekehrt kommen mittlerweile eine Reihe von jungen Menschen aus anderen Ländern und Erdteilen hierher zu uns, um in kirchlichen Projekten, in Kindergärten, Jugendtreffs, Behinderteneinrichtungen oder Altenpflegeheimen mitzuarbeiten. Sie lernen dadurch noch einmal eine andere Form von christlicher Nächstenliebe kennen und können diese mit dem, was sie aus ihrer Heimat mitbringen, bereichern und erweitern.

Alleine sie machen deutlich, dass Mission keine Einbahnstraße mehr ist. Nächstenliebe und Friedensarbeit gelten wechselseitig in der Welt. Denn auf solche Weise entstehen Verbindungen, die zur Verständigung der Völker und zur Freundschaft unter Menschen über die nationalen Grenzen hinweg beitragen.

Auch so funktioniert das, was das Leitwort dieses Monats der Weltmission fasst: „Selig, die Frieden stiften.“

Ich bin dankbar für unzählig viele junge Menschen aus unserem Bereich und für all jene, die aus anderen Erdteilen zu uns gekommen sind und das auf ihre je eigene Weise umsetzen.

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