„Hallo, wir sind noch da …“ möchte Christiane Kasperkowiak den Menschen gerne zurufen. Sich bei ihnen erneut ins Gedächtnis bringen. Nicht wegen, aber mit Corona ist das, was ihr wichtig ist, schwierig geworden: „Ganz nah am Nächsten zu sein.“
Kasperkowiak lebt in Ennest, einem Dorf mit rund 2200 Einwohnern im südlichen Sauerland. Die beiden erwachsenen Söhne waren noch klein, als sie mit ihrer Familie aus Mannheim herzog. Vom ersten Tag an engagierte sie sich in der kleinen Kirchengemeinde. „Zuhause bei uns wurde Engagement immer großgeschrieben. Ich bin damit aufgewachsen.“ Kasperkowiak ist Lektorin, Kommunionhelferin, Wortgottesdienstleiterin, war für einige Zeit in der Frauengemeinschaft sowie im Pfarrgemeinderat aktiv. „Wenn man einmal einen Posten annimmt, kommen die anderen von ganz allein“, lacht die 55-Jährige, die seit sechs Jahren Vorsitzende der örtlichen Caritas-Konferenz ist. Ein Zusammenschluss ehrenamtlich tätiger Menschen, die solidarische Hilfe direkt vor Ort leisten. „Wir finanzieren das Mittagessen für bedürftige Kinder, unterstützen bei Behördengängen oder Wohnungssuche. Manchmal fehlen auch Möbel und Kleidung. Oder der Kühlschrank ist leer. Dann gehen wir miteinander einkaufen. Das ist für mich Ausdruck von Nächstenliebe.“ Not und Armut gebe es überall, so sei eben auch in ihrer beschaulichen Gemeinde die Welt nicht immer in Ordnung. „Bedürftigkeit erkennt man oft erst bei einem Blick hinter die Fassade.“
Kümmerinnen vor Ort
Die unbürokratische Einzelhilfe wird durch Haustür-Sammlungen finanziert. „70 Prozent der Spenden bleiben hier in der Gemeinde“, betont Kasperkowiak. Mit Corona wurden die Sammlungen ausgesetzt. Deswegen hat sie einige Unternehmen angeschrieben und um Unterstützung gebeten und auch bekommen. „Die Sammlungen fehlen trotzdem. Sie sind ein Türöffner. Man kommt mit den Menschen ins Gespräch.“
Miteinander in Kontakt kommen, den Menschen Zuwendung schenken, darum geht es der Caritas-Konferenz. Nicht nur in Ennest. Und nicht nur in materieller Hinsicht. Vielmehr ist der sogenannte Besuchsdienst seit jeher das eigentliche Markenzeichen: Bei älteren Menschen zum runden Geburtstag und zu Weihnachten, im Krankheitsfall, nach dem Tod des Partners, bei jedweden Sorgen und Nöten da sein. Mit Geduld und Verständnis, mit Zeit zum Zuhören.
„Der Besuchsdienst ist unser Schwerpunkt“, sagt Kasperkowiak nicht ohne Sorgenfalten. Denn als die Pandemie zur Distanz verpflichtete, verstärkte sich eine Entwicklung, die sie seit längerem beobachtet: „Viele Mithelfende brechen uns weg. Manche fühlen sich aufgrund ihres Alters den Aufgaben nicht mehr gewachsen. Gerade jetzt nach der langen Pause möchten sie nicht mehr mitmachen. Und Nachwuchs zu bekommen ist schwierig.“ Vor zwei Jahren seien sie noch siebzehn Frauen gewesen, aktuell noch sieben. Davon zwei in den 50ern, zwei über 80 Jahre, die anderen dazwischen. „Mit so einer kleinen Gruppe können wir unseren Besuchsdienst nicht mehr wie gewohnt leisten.“ Früher, da habe jede von ihnen einen Straßenbezirk gehabt, ‚ihre“ Geburtstagskinder gekannt, gewusst, wer alleine ist, wer nicht mehr rauskommt, wo es klemmt, war Ansprechperson in der eigenen Nachbarschaft.