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© Erzbistum Paderborn
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Warum das Konzil von Nizäa auch heute Bedeutung hat

Vor ziemlich genau 1.700 Jahren, um den 20. Mai 325 nach Christus, fand das Konzil von Nizäa statt. Auch wenn es spekulativ ist: Hätte es nicht stattgefunden, hätten wir heute (vermutlich) einen ganz anderen Glauben. Auch für die Ökumene ist das Ereignis wichtig.

Im griechischen Alphabet ist das Iota (ι) der kleinste Buchstabe von allen: ein kurzer, vertikaler Strich, unscheinbar, leicht zu übersehen. Doch so unscheinbar wie das Iota auch sein mag: Beim Konzil von Nizäa (325 n. Chr.), dessen 1.700jähriges Jubiläum wir in diesem Jahr feiern, ließ sich die entscheidende Frage des christlichen Glaubens an diesem kleinen Strich festmachen: Wer ist Jesus Christus? Ist er Gott? Oder ist er nur Gott ähnlich?

Die griechischen Begriffe für diese beiden Alternativen unterscheiden sich nämlich nur in genau diesem Iota: homo-oúsios oder homoi-oúsios. Homo-oúsios (ὁμοούσιος) bedeutet „wesensgleich“. Wird Jesus Christus als wesensgleich mit Gott bezeichnet, bedeutet dies, dass er selbst Gott ist. Homoi-oúsios (ὁμοιούσιος) bedeutet dagegen wesensähnlich. Ist Jesus nur wesensähnlich im Vergleich zu Gott, kann er nicht selbst Gott sein.

Im vierten Jahrhundert war das eine zentrale Frage für die damals noch junge Kirche, die sich lange schwer damit tat, eine verbindliche Einigung zu finden. Schließlich drängte Kaiser Konstantin auf eine Klärung und rief die Bischöfe im Mai 325 zum ersten Ökumenischen Konzil der Kirchengeschichte zusammen: dem Konzil von Nizäa. Über 200 Bischöfe, vor allem aus der Ostkirche, folgten dem Ruf Konstantins zu diesem Ort, der heute in der Türkei liegt und Iznik heißt.

Das Konzil von Nizäa im Video erklärt

Die Göttlichkeit Jesu hing an einem kleinen Buchstaben

Es ging in Nizäa um nichts weniger als die Göttlichkeit Jesu. Es gab Personen, die Jesus nicht als Gott bezeichnen wollten, weil sie so den christlichen Monotheismus in Gefahr sahen. Vor allem Arius, ein Presbyter aus Alexandria, vertrat diese Ansicht und fand damit viele Anhänger. Das Konzil von Nizäa verurteilte seine Ideen und entschied sich damit gegen das Iota. Es stellte fest: Jesus Christus als Sohn Gottes sei „wahrer Gott aus wahrem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, wesenseins (also homo-oúsios) mit dem Vater“. Mit dieser Klärung bekannte sich das Konzil zugleich zur Trinität (Dreifaltigkeit), denn auch für den Heiligen Geist sollte diese Wesenseinheit mit dem Vater gelten.

Doch welche Bedeutung hat es nun für uns, dass sich die Konzilsväter vor 1.700 Jahren gegen das Iota entschieden? Sind das mehr als theologische Spitzfindigkeiten aus längst vergangenen Zeiten? Durchaus, wenn man sich vor Augen führt, was hätte passieren können, wenn es das Konzil nicht gegeben hätte. Der Schluss liegt nahe, dass wir heute einen ganz anderen Glauben hätten und die Geschichte der Kirche anders verlaufen wäre.

Was, wenn es Nizäa nicht gegeben hätte?

Die folgenden Überlegungen bleiben natürlich Spekulation. Zudem sind Konzilien nach katholischer Lehre immer Werkzeuge des Heiligen Geistes, was andere Verläufe als die tatsächlich Geschehenen eigentlich ausschließt. Lässt man dies aber beiseite, liegt es durchaus im Bereich des Vorstellbaren, dass sich eine eigene Glaubensgemeinschaft gebildet hätte, wären die Ansichten von Arius nicht offiziell als „Irrtümer“ verurteilt worden. Diese Glaubensgemeinschaft hätte dann auf dem Bekenntnis beruht, dass Jesus zwar das höchste aller Geschöpfe gewesen sei, aber eben nicht Gott selbst. Auch die Vorstellung des dreifaltigen Gottes wäre von dieser Gemeinschaft abgelehnt worden.

Möglicherweise wäre es dann schon früh zu einer dramatischen Spaltung in der jungen Kirche gekommen. Vom 4. Jahrhundert an hätte es dann jene Christen gegeben, die sich zur Göttlichkeit Jesu (und des Heiligen Geistes) bekannten, und eben jene, die dies abgelehnt hätten. Es darf bezweifelt werden, dass der christliche Glaube mit diesen Voraussetzungen die gleiche prägende Kraft entfaltet hätte, wie er es dann in den folgenden Jahrhunderten getan hat. Denn die Glaubwürdigkeit hätte natürlich gelitten, wenn sich die Christen nicht einmal über das Wesen ihres Gründers einig gewesen wären. Vermutlich wäre so eine weniger zentralistische Kirche entstanden, mit vielen verschiedenen Strömungen.

Plakat und Postkarte mit nizäno-konstantinopolitanischem Glaubensbekenntnis im Shop

Aus Anlass des 1.700jährigen Jubiläums des Konzils von Nizäa gibt es im 1000 gute Gründe-Shop ein Plakat und eine Postkarte, die ab sofort heruntergeladen und über den Copyshop bestellt werden können. Beide sind beschriftet mit dem nizäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis, dessen Grundlagen beim Konzil von Nizäa gelegt wurden.

Was, wenn sich das Iota durchgesetzt hätte?

Ein weiteres Szenario ist grundsätzlich denkbar, wenn das Konzil von Nizäa nicht stattgefunden hätte: Das Iota hätte bleiben, die arianische Position sich durchsetzen und das Bekenntnis zur Göttlichkeit Jesu damit verdrängen können. Es versteht sich von selbst, dass dies große Auswirkungen auf das Christentum und seine Geschichte gehabt hätte. Denn der Gott, zu dem wir beten und den wir verehren, wäre heute ein ganz anderer.

Vor allem hätten wir es mit einem Christentum ohne Dreifaltigkeit zu tun. Für Arius gab es nur den einen Gott, den er strikt von Jesus und dem Heilige Geist trennte. Dieser Gott war absolut transzendent und mit nichts auf der Welt zu vergleichen –die Nähe zu den Menschen, die wir nicht nur Jesus, sondern auch Gott Vater zuschreiben, war für Arius ein absolutes Tabu.

Trotzdem würden wir heute wahrscheinlich nur zu diesem vollkommen transzendenten Gott beten, nicht zu Jesus. Jesus wäre zwar als höchstes aller Geschöpfe ein großes Vorbild für unser Denken und Handeln, ein großes Vorbild auch in seinem Gehorsam gegenüber Gott. Aber er könnte vermutlich nicht die Erlösergestalt sein, die er heute im Christentum ist. Es wäre eben nicht Gott gewesen, der für uns gelitten hat und gestorben ist. Eine weitere Annahme: Dieses arianische Christentum würde sowohl dem Judentum als auch dem Islam, die beide einen strengen Monotheismus vertreten, viel näherstehen als das trinitarische Christentum.

Ein ökumenisches „Wir glauben!“

Nun hat das Konzil von Nizäa aber stattgefunden. Die Konzilsväter verurteilten dort nicht nur die Lehren des Arius, sondern einigten sich zudem auf ein Glaubensbekenntnis, das die Lehren zur Dreifaltigkeit festhielt. Dieser Text wurde zum Ausgangspunkt jenes nizäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnisses, das heute noch in Gottesdiensten als „Großes Glaubensbekenntnis“ gebetet wird.

Dieses Glaubensbekenntnis wird bis heute von allen großen christlichen Kirchen geteilt und ist damit eine wichtige Grundlage für ökumenische Bemühungen. Fragt man also nach der Relevanz des Konzils von Nizäa für die heutige Zeit, darf der Hinweis auf die Ökumene nicht fehlen: Es gibt eine gemeinsame Basis, die über viele Spaltungen hinweg Bestand hat. Und noch etwas hat Nizäa gezeigt: Es ist möglich, sich zu einigen. Es ist trotz unterschiedlicher Haltungen und Strömungen möglich, zu einem gemeinsamen, tragfähigen „Wir glauben“ zu kommen, auch wenn das bedeutet, manche Ansichten als unvereinbar mit dem christlichen Glauben ablehnen zu müssen. In Nizäa war dies die Leugnung der Göttlichkeit Jesu.

Das Jubiläum des Konzils von Nizäa könnte also ein Anlass sein, der Ökumene neu oder noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken, zum Beispiel durch ökumenische Gottesdienste, in denen das große Glaubensbekenntnis bewusst gemeinsam gesprochen wird. Aber auch Studientage oder gemeinsame caritative bzw. diakonische Projekten zum Wohle aller Menschen könnten einer größeren Einheit zwischen den christlichen Konfessionen dienen.

Ein Beitrag von:
© Besim Mazhiqi / Erzbistum Paderborn
Redaktion

Dr. Claudia Nieser

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