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Panorama Westwerk Corvey© Marc Venema / Shutterstock.com

Der Weinpfad bei Corvey: Auf den Spuren des Weinbaus an der Weser

Wo mittelalterliche Mönche sich im Weinanbau versuchten, regt heute der Weinpfad zum Dialog mit der Natur, Gott und der biblischen Botschaft an

Es ist eine Landschaft wie aus einem Postkarten-Idyll: Weite Wiesen und Felder, vielfältige Mischwälder, bizarre Felsformationen, sanfte Hügel und malerische Orte. Die Landschaft rund um das ehemalige Benediktinerkloster und heutige Welterbe Corvey hat viele Gesichter und beherbergt ebenso eine Vielzahl an spirituellen Orten. Orte der Ruhe, die den Lärm der Welt hinter sich lassen, die Entspannung vermitteln, zur Meditation anregen und das Herz berühren. So ein besonderer Schatz vor der Haustür liegt oberhalb der Bundesstraße 64 im Stadtgebiet von Höxter, mit Blick auf das gegenüberliegende Corvey und auf die Ruine der ehemaligen Propstei tom Roden. Dort lässt sich ein barockes Kleinod entdecken – die Kapelle St. Josef im Weinberg. Dieses kleine Gotteshaus ist Ausgangspunkt des „Ökumenisch-biblischen Weinpfades“, der über die terrassenartigen Wege des Räuschenberges zu einem kleinen Garten führt, in dem heute wieder Trauben gedeihen.

Weinkapelle St. Josef

Den hübschen achteckigen Kirchenbau mitten im Grünen ließ der Corveyer Fürstabt Christoph von Bellinghausen in den Jahren 1689/90 errichten. Das Schmuckstück mit dem von Weinreben hübsch verzierten Portal ist dem heiligen Josef geweiht. Auf einem Schriftband im Inneren der Kapelle heißt es: „Fürst Christophorus weiht diese heilige Stätte Joseph, der als Wächter diese Weinreben und Ackerflächen beschützt.“

Bis in die 1960er Jahre hinein galt die Kapelle vielen Christen aus der Region als beliebtes Pilgerziel. Seit der Sanierung Ende der 1980er-Jahre kümmert sich der „Verein zur Erhaltung und Nutzung der Weinbergkapelle Höxter-Corvey“ um die kleine weißgetünchte Kirche. Heute ist das Gotteshaus ein letztes steinernes Denkmal der fürstäbtlichen Weingeschichte und wird ab und zu für ökumenische Feiern genutzt.

Sieben Stationen auf dem Weinpfad

Der rund drei Kilometer lange Wanderweg, der auch von Pilgerinnen und Pilgern gern genutzt wird, führt durch dichten Wald, Obstplantagen und Wiesen. Gutes Schuhwerk ist empfehlenswert, denn der schmale Weg über den Hang führt oft über Baumwurzeln. Immer wieder eröffnen sich linker Hand reizvolle Ausblicke auf die Weserstadt Höxter, auf die schlanken Türme der evangelischen Kiliani-Kirche, die das Stadtbild prägt.

Der Weg ist kein Weinpfad im klassischen Sinne. Vielmehr vermittelt er die Bedeutung des Themas Wein im Christentum. Allein das Wort „Wein“ kommt mehr als zweihundert Mal, der „Weinberg“ mehr als hundert Mal in der Bibel vor. Das Thema zieht sich also wie ein roter Faden durch die gesamte Bibel. Wein steht für Lebensfreude und Wohlstand, wird als Gabe Gottes bezeichnet, die den Menschen Freude bereitet. Und mit der Wandlung des Weines zum Blut Christi beim Letzten Abendmahl bekommt das Getränk heilsgeschichtliche Bedeutung.

Sieben Stationen auf dem informativen biblischen Weinpfad in Höxter besondere Ankerpunkte, um innezuhalten. An den hölzernen, aufgeschlagenen „Büchern“ auf Eichenstelen befestigt lässt sich mehr erfahren – über Landwirtschaft, den Weinanbau, die Bedeutung Corveys und über die biblischen Geschichten rund um den Wein. Schöne Gelegenheiten, um sich nach den Aufstiegen am Hang eine kleine Auszeit zu gönnen – und in den Dialog zu treten mit der Natur, Gott und den biblischen Botschaften.

Wein für das Kloster

Die Benediktiner am Weserbogen gehörten einst im Mittelalter zu den größten Besitzern von Weinbergen. Den Rebensaft bezog Corvey bald nach der Gründung des Klosters im 9. Jahrhundert von den eigenen Gütern an Rhein und Mosel. Diesen an den beiden großen Flüssen erzeugten Wein, mehrere Hundert Kilometer entfernt, schließlich an die Weser zu bringen, erwies sich oft als aufwändig, langwierig und gefährlich. Deshalb wurde man vor der eigenen Haustür tätig. Die ersten Reben sollen im 12. Jahrhundert – in einer Warmphase – am nahen Bielenberg im heutigen Höxter entstanden sein, später wurde dort Hopfen angebaut.

Ehrgeiziger Fürstabt mit großen Plänen

Jahrhunderte später hatte der Corveyer Fürstabt Christoph von Bellinghausen (1678-1696) weitaus ehrgeizigere Pläne. Mit Hilfe eines versierten Weingärtners aus der Wetterau ließ der Fürstabt von 1680 an am Südosthang des Räuschenbergs mit Fernsicht auf Corvey Weinreben anpflanzen. Bis zu einer Größe von 18 Morgen (heute ungefähr: viereinhalb Hektar) hat sich der Weinberg damals entwickelt. Leider erwies sich das „Unternehmen Weinbau“ als wenig erfolgreich. Denn eine kleine Eiszeit, der kalkhaltige Boden und die empfindlichen Reben machten den Benediktinern im 17. Jahrhundert einen Strich durch Rechnung. Als qualitativ zu schlecht, zu stark und als zu sauer galt der Corveyer Wein. Nach etwas mehr als zehn Jahren musste das Projekt aufgegeben werden, die Kosten für das Kloster wurden einfach zu hoch.

Klimarobuste Trauben

Aufgrund der Klimakrise und der damit einhergehenden wärmeren Temperaturen, kann nach mehr als 300 Jahren nun ein neues Weinkapitel auf dem sonnenverwöhnten Räuschenberg aufgeschlagen werden. Weinexperte Michael Rindermann – er leitete viele Jahre das Weinhaus in der Domäne in Corvey – hat gemeinsam mit findigen Bürgerinnen und Bürgern den Weinanbau wieder zum Leben erweckt. Auf kleinen Terrassen gedeihen inzwischen klimarobuste Phönix- und Regenttrauben.

„Corveyer Hexenstieg“

Vom heutigen Weinbau an der Weser können sich Wanderer und Wanderinnen auf dem Weinpfad selbst überzeugen. Michael Rindermann und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter aus Höxter betreiben den Weinbau jedoch nicht kommerziell, sondern lediglich als Hobby. Der Ertrag aus den rund 100 Reben unter dem schönen Namen „Corveyer Hexenstieg“ kommt kirchlichen Veranstaltungen und kleinen privaten Feiern zugute.

Nichtsdestotrotz hat sich Michael Rindermann, der sich seit vielen Jahren zur Weingeschichte Corveys forscht, um den Jubiläumswein für das Welterbe gekümmert. Der engagierte Weinexperte fand zufälligerweise bei einem Winzer im Rheingau jene Ur-Traube, die einst Karl der Große von Frankreich an den Rhein gebracht hat – den gelben Orleans, der auch inzwischen an zehn Rebstöcken auf dem Räuschenberg wächst. Kaiser Karls Sohn, Ludwig der Fromme, der Corvey-Gründer, und die Benediktiner kannten wohl diesen Wein. Ganz klar, dass dieser „Gelbe Orleans“ nun als Jubiläumswein zur 1200-Jahrfeier auf genussvolle Zeitreise ins Mittelalter einlädt.

Ein Beitrag von:
© privat
freie Autorin

Martina Schäfer

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