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Erzbistum Paderborn
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© Hans Blossey / luftbild-blossey.de

„Unser Kloster ist ein Ort zum Innenhalten und Ankommen“

Der neue Abt der Benediktinierabtei Königsmünster Meschede, Dr. Cosmas Hoffmann OSB, spricht im Interview über sein neues Amt und die Zukunft des Klosters

Pater Dr. Cosmas Hoffmann ist seit über 35 Jahren Benediktinermönch, seit 1994 Priester und am Freitag für zwölf Jahre zum Abt der Benediktinerabtei Königsmünster in Meschede gewählt worden. Sein Ziel: mit der Gemeinschaft die Zukunft des Klosters als ein spirituelles Zentrum im Erzbistum Paderborn weiterzuentwickeln und zu stärken. Im Interview spricht er über seine neue Verantwortung, die Situation des Klosters, wie er selbst Heimat gefunden hat und warum es sich lohnt, hoffnungsvoll zu bleiben.

 

Wie geht es Ihnen nach dem ersten Wochenende als Abt?

Abt Cosmas

Das war ein sehr intensives Wochenende. Ich brauche eigentlich erstmal Zeit zum Sortieren. Allein die ganzen Mails und Briefe reichen schon, um mich zu beschäftigen. Vor allem aber fühle ich mich ermutigt durch diese vielen Wünsche und Rückmeldungen. Dabei freut mich ganz besonders, dass meine Brüder mich sehr darin bestärkt haben diesen Dienst zu übernehmen. Sie kennen mich und sie haben mich so gewählt, wie ich bin.

Haben Sie mit der Wahl gerechnet?

Abt Cosmas

Ich habe mich schon vor einiger Zeit dafür entschieden, mehr Verantwortung im Kloster zu übernehmen und nicht meiner Leidenschaft nachzugehen, mich noch stärker im Bereich von Hochschule und Lehre zu engagieren . Wobei ich hoffe, dass dafür noch ein wenig Raum bleibt. Mein Vorgänger, Abt Aloysius, hat mich zunächst zum Subprior und später zum Prior, also zu seinem Vertreter, bestimmt. Mit Blick auf unsere Abtei habe ich mich gefragt, wie es weitergehen soll. Weil ich möchte, dass wir weiter als Gemeinschaft voran gehen und hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, habe ich mich wählen lassen.

Gab es denn einen Gegenkandidaten?

Abt Cosmas

Sie dürfen sich das hier nicht wie einen Wahlkampf vorstellen. Vielmehr haben wir als Gemeinschaft gut überlegt, wie wir uns weiterentwickeln wollen. Um diesen Meinungsbildungsprozess zu vertiefen, haben wir vor der Wahl auch Gesprächspartner von außen eingeladen.

© Erzbistum Paderborn / Dirk Lankowski

Wie wollen Sie denn das Kloster weiterentwickeln?

Abt Cosmas

Meine Erfahrung ist, dass man sich den Veränderungen stellen muss – und wir leben ja gerade in Zeiten vielfältigen Wandels, der über den Globus rauscht. Dazu fällt mir ein Wort von Alfred Delp ein: „Man muss seine Segel in den unendlichen Wind stellen – dann erst werden wir spüren, welcher Fahrt wir fähig sind.“ Und das kann ich nicht allein, sondern nur mit und in Gemeinschaft hier zusammen. Dafür möchte ich den Fragen nachgehen: Was macht unser Wir aus? Wie werden wir aus diesem Wir heraus stark?

Sie tragen schon das Abtskreuz, Sie sind also durch die Wahl direkt „richtiger“ Abt?

Abt Cosmas

Ja, das bin ich. Mit allen Rechten und Pflichten. Was noch erfolgt, ist die Abtsbenediktion, umgangssprachlich „Abtsweihe“ genannt. Dabei handelt es sich um eine Segnung, bei dem auch Stab, Ring und Mitra überreicht werden. Da dies in der Regel vom Ortsbischof durchgeführt wird, ist es auch eine offizielle Bestätigung durch die Ortskirche. Weil das Erzbistum gerade keinen Erzbischof hat, werden wir überlegen, wie wir das machen werden. Das hat für mich aber keine Eile.

Was hat denn für Sie Eile?

Abt Cosmas

Ich möchte noch bis zum Ende der Woche meinen Prior und Subprior ernennen. Dazu habe ich alle Brüder befragt und werde mir nun das Votum anschauen und dann nach Gesprächen mit Vorgeschlagenen eine Entscheidung treffen. Ich brauche diese Vertreter, damit sie mich in Leitungsfragen beraten.

Weil Leitung einsam macht?

Abt Cosmas

In der Benediktsregel heißt es, dass die Aufgabe des Abtes ist, die mir anvertrauten Menschen zu führen und der Eigenart vieler zu dienen. Im Management würde man heute von ‚Servant Leadership‘ sprechen, also dass ich Brüder und Gemeinschaft so unterstütze, dass jeder seine Aufgaben selbstorganisiert und zum Wohle alle erledigen kann. Diversität ist dann ein echter Reichtum. Um auf Ihre Frage zurückzukommen, ja, Einsamkeit ist dann die andere Seite der Leitungsaufgabe, wenn ich kein Gegenüber hätte, mit dem ich mich austauschen und ‚ins Unreine‘ denken könnte. Aber das habe ich sowohl hier im Kloster als auch außerhalb mit vertrauten Menschen und zudem gibt es regelmäßige Beratungstreffen der Äbte unserer Kongregation. Mir ist Gemeinschaft wichtig.

"Und es gibt die Alternative zu gucken, ob die Herausforderungen nicht auch eine Aufforderung sein können, kreativ zu werden und neue Wege zu suchen. In ein Bild gepackt: Ich kann mich gegen die Wellen schützen, ich kann sie aber auch zum Surfen nutzen. Ich nehme in der Vielfalt der Brüder und dem, was uns Menschen zutrauen, ein großes Potential wahr und deswegen stellen wir uns den Herausforderungen."

Abt Dr. Cosmas Hoffmann

© Erzbistum Paderborn / Dirk Lankowski
© Erzbistum Paderborn / Dirk Lankowski

Fühlen Sie sich hier im Kloster zu Hause?

Abt Cosmas

Ich komme gebürtig aus Dortmund und bin nach dem Abitur erst nach Paderborn gegangen, weil ich Priester werden wollte. Dabei hat mich immer die Frage bewegt, ob ich nicht eher in einer Gemeinschaft leben möchte. Dafür habe ich mich nach vielen Gesprächen, die ich geführt und Erfahrungen, die ich gemacht habe, entschieden. Wichtig war dafür zum einen das Leben in Meschede und später in unserem Studienhaus in Bonn, zum anderen aber auch mein Studienaufenthalt in Jerusalem, wo ich im Studienhaus der Dormitio Abtei gewohnt habe. Als ich nach neun Monaten von dort wieder nach Meschede ins Kloster zurückgekehrt und am nächsten Morgen die Fenster öffnete und in das satte grüne Sauerland blickte, da wusste ich: hier bin ich zu Hause. Und gleichzeitig hatte ich die Gewissheit: da unten an der Ruhr gibt es einen Bahnhof und wenn du mal wieder verreisen musst, geht das ganz einfach. Das passt auch zu dem Spruch: „If you want to see the world, join the Benedictines.“

Wie geht es denn der Benediktinerabtei in Meschede?

Abt Cosmas

Wir stellen uns aktuell einigen Herausforderungen. Unsere Gemeinschaft wird langsam älter, viele Brüder sind in den 80er-Jahren eingetreten. Während der Corona-Jahre hatten wir keine Eintritte. Und wir sind ein lebendiges Kloster, dessen Mönche sich in unterschiedlichen Bereichen von Kloster, Kirche und Welt engagieren. Daneben steht dann wieder, dass sich gesellschaftlich sehr viel verändert hat, die Katholische Kirche ist aktuell sehr angefragt. Das geht auch an uns nicht spurlos vorbei.

Und wirtschaftlich?

Abt Cosmas

Uns beschäftigt auch sehr die Frage nach dem Unterhalt des Klosters, denn dafür sind wir selbst verantwortlich. Wir sind dankbar für alle Unterstützungen, die wir von Privatpersonen und dem Erzbistum bekommen. Wir müssen massiv in den in die Jahre gekommenen Gebäudebestand investieren, an der Kirche werden wir jetzt Reparaturen für gut 650.000 Euro vornehmen müssen. Und auch unsere Jugendbildungsstätte Oase muss saniert werden. An unserem Gymnasium beschäftigt uns der Raumbestand, weil der Wechsel zwischen G8 und G9 mehr Räume erfordert, das geht direkt in die Millionen. Und dann wollen wir auch ein grünes Kloster sein, dementsprechend mit Photovoltaik die Energieversorgung unterstützen. Und in unseren Betrieben wollen wir nachhaltig und fair arbeiten, Qualität hat ihren Preis.

Wie gehen Sie damit um?

Abt Cosmas

Da gibt es verschiedene Tendenzen mit diesen Herausforderungen umzugehen. Es kann die Tendenz geben, dass alles schwieriger wird und man versucht, solange es geht zu retten und zu bewahren, was noch geht. Und es gibt die Alternative zu gucken, ob die Herausforderungen nicht auch eine Aufforderung sein können, kreativ zu werden und neue Wege zu suchen. In ein Bild gepackt: Ich kann mich gegen die Wellen schützen, ich kann sie aber auch zum Surfen nutzen. Ich nehme in der Vielfalt der Brüder und dem, was uns Menschen zutrauen, ein großes Potential wahr und deswegen stellen wir uns den Herausforderungen.

Was nehmen Sie denn wahr, wie es den Menschen geht?

Abt Cosmas

Ich nehme gesellschaftlich eine sehr starke Zerrissenheit, ein starkes Nebeneinander und wenig Miteinander wahr. Unsere Kommunikation konzentriert sich auf Schlag-Wörter. Das alles sind Brandbeschleuniger für Isolation, Vereinzelung und Negativität. Es gibt eine große Not. Junge Menschen versuchen sich in der Welt nach Corona und dem Ukrainekrieg wieder zurechtzufinden. Und auf der anderen Seite gibt es eine tiefe Sehnsucht nach Wir. Als Kloster sind wir ein Teil von diesen Entwicklungen, es ist auch bei uns nicht anders. Aber vielleicht ist es unsere Aufgabe zu zeigen, dass man als Gemeinschaft Differenz und Diversität in Einheit leben kann. Und dass wir es schaffen, den Blick auf das Evangelium zu lenken, denn dessen Botschaft ist aktueller denn je.

Was kann Ihre Gemeinschaft bei all den Herausforderungen leisten?

Abt Cosmas

Mein Wunsch ist, dass unser Kloster ein Ort ist, wo Menschen mit ihrem Mensch-sein in Kontakt kommen, dass sie das entdecken können, was hinter den vielen Rollen und Funktionen steht, die sie im Alltag zu erfüllen haben: Wer bin ich? Was ist der Grund, der mich trägt? Die Corona-Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie zerbrechlich unser Leben ist und dass wir nicht alles in der Hand haben. Viele sind auf der Suche nach Sinn. In den jungen Generationen wird zudem nach viel mehr Lebensqualität gesucht. Unser Kloster ist ein Ort zum Ankommen und Innenhalten oder benediktinisch gesagt zum „Bei-sich-zuhause-sein“ können, um die Tiefendimension von Leben zu entdecken. Unser Kloster ist eine Oase, ein Ort des zu sich Kommens, ein Ort des Gebets. Für die Menschen im Erzbistum Paderborn möchten wir ein spirituelles Zentrum sein, wo das erfahrbar wird.

Ihnen alles Gute für die Aufgabe und vielen Dank für das Gespräch.

Ein Beitrag von:
© Besim Mazhiqi
Redaktionsleiter

Dirk Lankowski

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