Vivien Gnida und Rosemarie Kahlert berichten über vierjährige Weiterbildung zur EFL-Beraterin
Noch ein paar Meter die graue Wand in der Heierstraße entlang über den Gehsteig bis zu meiner Verabredung. Auf der linken Straßenseite ist geschäftiges Leben, die Imbisse sind an diesem frühen Abend schon begehrt. Fast hätte ich beim Sinnen über Corona und die Krise in der Gastronomie den Eingang verpasst. Er passt zur Fassade – unauffällig und wenig einladend. Was mich wohl dahinter erwartet? Eine Fassade, die mich eher an Rathaus-Aufnahmen in Filmen der 70-er Jahre erinnert, als an Leben, Geborgenheit oder einen Ort des Mutmachens. Ein Vorurteil, das zugleich neugierig auf den Blick hinter die Fassade macht. Die Stimmung eines im Sonnenlicht verklingenden warmen Frühsommerabends im Blick, dabei die Klingel betätigend, schaue ich gespannt durch die Glastür in ein eher kühles Treppenhaus.
Die Tür öffnet sich und mit ihr eine erste Herzlichkeit. Meine „Verabredung“ vermittelt im sterilen Treppenhaus mit Desinfektions-Pumpe zur nötigen Hand-Hygiene ein echtes „Willkommen“. Schon der erste Eindruck verrät, „hier arbeiten wir gern, diese Aufgabe macht uns viel Freude“. Rosemarie Kahlert und Vivien Gnida sprühen geradezu vor Begeisterung. Stolz dürfen sie außerdem noch sein, da sie beide gerade ihre Weiterbildung zur Eheberatung erfolgreich abgeschlossen haben.
Wegbegleiter für Menschen mit persönlichen oder familiären Krisen
Ich habe also meine Bestätigung: Fassade und Innenleben müssen nicht immer identisch sein. Vielleicht ein Spiegelbild auch im Alltag der Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) im Erzbistum Paderborn, die Wegbegleitung für Menschen mit persönlichen, familiären oder partnerschaftlichen Krisen und Konflikten sein möchte. Wir betreten einen typischen Beratungsraum, der sich den Corona-Vorsichtsmaßnahmen angepasst hat, aber dennoch Wohnlichkeit vermittelt. Beraterinnen und Ratsuchende sitzen sich im gebührenden Abstand gegenüber. Eine Plexiglasscheibe bietet zusätzliche Sicherheit, auch frei und ohne Maske sprechen zu können. Eine dennoch angenehme Atmosphäre, die keine lange Anlaufzeit benötigt, um ins Gespräch zu kommen. Heute jedoch im Rollentausch: ich darf die wertvolle Rolle des Zuhörers und Nachfragenden übernehmen.
Vivien Gnida und Rosemarie Kahlert haben sich mit gleichen Zielen, jedoch aus unterschiedlichen Beweggründen in der vierjährigen Ausbildung gefunden. „Ich habe das Gefühl: hier bin ich angekommen“, resümiert die gebürtige Hamburgerin Vivien Gnida, die in Münster katholische Theologie (Diplom) und Englisch und Geschichte auf Lehramt studiert hat und einige Jahre im Schuldienst tätig war. Die vierfache Mutter war damit aber nicht zufrieden. Über ihre Fortbildung zur Gestaltberaterin im Bildungshaus Elkeringhausen kam sie in Kontakt mit der Ausbildung der EFL, die im Durchgang 2016-2020 erstmals als duale Weiterbildung angeboten wurde: neben dem Abschluss vor der Berufskammer der Ehe-, Familien- und Lebensberater streben die Teilnehmer auch einen Masterabschluss an der KatHO NRW an (Master of Counseling).
Berufliche Neuausrichtung gelungen
„Für mich war es damals auch noch nicht alles“, blickt Rosemarie Kahlert zurück, die eine Ausbildung zur Krankenschwester im Brüderkrankenhaus gemacht hat. Zwar habe sie Freude an der Arbeit gehabt, doch der Zeitdruck habe sie beschäftigt: „Ich wollte einfach mehr Zeit für Menschen haben und etwas für sie tun.“ Sie – auch Mutter zweier Kinder – entschied sich für ein Psychologie-Studium an der Uni Bielefeld und arbeitete im Anschluss als Psychologin an einer Reha-Klinik. Eine abwechslungsreiche Tätigkeit sei es gewesen: Allerdings habe ihr gefehlt, Menschen länger als nur in einer 3-Wochen-Reha psychologisch begleiten zu dürfen. 2016 startete sie dann mit der neuen Ausbildung und arbeitete parallel im Ev. Beratungszentrum in Detmold. Sie weiß: „Das ist es jetzt auch, was ich gesucht habe!“