Überrascht sei sie selbst, sagt Helga Maria Lange. Überrascht darüber, wie facettenreich das vergangene kirchenmusikalische Jahr doch gewesen sei. Trotz Corona. „Wir haben andere Schwerpunkte gesetzt, Besetzungen reduziert und neue Projekte entwickelt. Auch wenn große Konzerte nicht stattfinden konnten, haben wir in der Summe nicht weniger Veranstaltungen gehabt.“
Kirchenmusikalische Andachten und monatliche Matineen, das Format Orgel Plus – Orgel in Kombination mit einem Instrument wie Cello, Schlagzeug, Oboe, Panflöte oder Vokalsolist – , aber auch die Siegener Orgelwochen, bereits seit mehr als 25 Jahren eine feste Größe in der regionalen Kulturlandschaft, sowie verschiedene Videoproduktionen, so an Karfreitag oder zur Eröffnung der Kolumbariumskirche in Siegen, standen auf dem Programm.
Herausragend aber war das „Christmas Oratorio“ des Briten Bob Chilcott. Mit Kammerchor und Solisten, Blechbläsern der Philharmonie Südwestfalen, Harfe und Flöte. „Das war ein wirkliches Highlight in 2021“, sagt Lange.
Ein einmaliges Projekt
Tatsächlich gelang Lange mit Chilcotts Weihnachtsoratorium eine Attraktion. Weil es die erste Aufführung des Werkes in der weiten Region war. Und weil es eine der wenigen Aufnahmen, vielleicht die zurzeit einzige weltweit ist.
„Ich hatte das Stück ausgesucht, weil es nicht nur schön ist. Es ist zudem wenig polyphon, sondern flächig angelegt und daher in unserer halligen Kirche unter Coronaauflagen, heißt mit Abständen, gut machbar“, sagt Lange. Was sie da noch nicht wusste: Die BBC, die die Uraufführung übertragen hatte, löschte die Aufnahme aus ihrem Archiv. Und auch Chilcott, den Lange kontaktierte, hatte keine, war von Corona in seinem Tun ausgebremst. „Ich habe gedacht, dann machen wir eine solche Aufnahme eben selbst “, so Lange, die für das einmalige Projekt Unterstützung aus dem Fond „Endlich wieder WIR!“ des Erzbistums Paderborn erhielt.
Ein hohes Niveau
Die alte neugotische Josephskirche mit ihrem 66 Meter hohen Turm und roten Backsteinkleid, umgeben von der Stadtautobahn sowie von der vielbefahrenen Weidenauer Straße, die den Stadtbezirk als Hauptverkehrssachse durchzieht, ist der Dienstsitz von Helga Lange. Seit 2008 ist sie die Dekanatskirchenmusikerin, wechselte von ihrer ersten Stelle als solche in St. Johannes Baptist Attendorn im Sauerland in das evangelisch-freikirchlich geprägte Siegen.