Knapp acht Jahre nach dem Ende der Terrorherrschaft des sogenannten „Islamischen Staates“ und einer anhaltenden politischen und ökonomischen Instabilität sind die irakischen Christen weiterhin mit großen Herausforderungen konfrontiert. „Die Christen im Zweistromland sind dankbar für ihre zurückgewonnene Freiheit und ein gewisses Maß an Sicherheit. Gleichzeitig habe ich erlebt, wie neue Ängste durch die Entwicklungen in Syrien am Horizont aufflammen. Noch traut man den Worten der neuen Führung in Damaskus nicht wirklich. Man hofft, dass die getätigten Zusagen von Religionsfreiheit und gleichen Rechten auch umgesetzt werden. Der Irak ist mit Blick auf diese Situation weniger Vorbild als Mahnung für Syrien“, so Erzbischof Bentz.
Hinzu komme die geopolitische Gesamtlage im Nahen und Mittleren Osten: „Wir erleben erhebliche tektonische Verschiebungen in Machtverhältnissen innerhalb der Länder sowie durch den Einfluss von außen. Die Zukunft der Region hängt wesentlich davon ab, wie unter anderem der Iran seine Interessen geltend machen wird, wie sich der Gazastreifen entwickelt und was in Syrien passiert. In diesen Zusammenhang gehören auch die Unsicherheiten, von denen mir berichtet wurde, die durch die neue Trump-Administration ausgelöst werden. Allein das plötzliche Ende der Unterstützungsleistung von USAID sorgt für Entsetzen im Irak, weil so ein wesentlicher Geldgeber fehlt.“
Bleibeperspektiven dringend nötig
Für Erzbischof Bentz ist nach Gesprächen mit Vertretern fast aller christlicher Konfessionen im Irak klar: „Das Christentum droht auszubluten. Deshalb braucht es dringend Bleibeperspektiven für die christliche Minderheit.“ Besonders für junge Menschen sei es schwierig, eine Zukunft in ihrem Heimatland zu erkennen: „Das gilt vor allem so lange, wie Christen in der Gesellschaft nicht die gleichen Rechte haben, die ihnen auf Grundlage der Verfassung zustehen. Das habe ich im Austausch vor allem mit dem Oberhaupt der chaldäischen Kirche, Patriarch Raphaël I. Sako von Bagdad, verstanden“, betonte Erzbischof Bentz.