„Brakel war zum richtigen Zeitpunkt reich und zum richtigen Zeitpunkt arm“, sagt Alfons Jochmaring. Der ehemalige Beamte der Bundesnetzagentur ist seit seiner Pensionierung als Stadt- und Kirchenführer aktiv und weiß, dass eine spannende Geschichte einen verblüffenden Einstieg benötigt, dem dann rasch eine möglichst gute Erklärung folgen muss. Die liefert er sogleich: „Der zeitweise Reichtum hat bewirkt, dass es in Brakel einiges anzuschauen gibt. Die längeren Perioden der Armut haben dafür gesorgt, dass das einmal Gebaute über eine lange Zeit bewahrt blieb.“
Auch wenn es in der Stadt viele interessante Gebäude und Kunstschätze zu betrachten gibt, widmet Jochmaring bei seinen Stadtführungen der Stadtkirche St. Michael viel Zeit. Hier laufen die Stränge der Weltgeschichte und der Stadtgeschichte ebenso zusammen wie die Linien der Kunst- und Kirchengeschichte. Der größte Teil des Kirchengebäudes wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts im Stil der Romanik errichtet. Bei der Apsis handelt es sich um einen Anbau im gotischen Stil. Die Ausstattung dagegen stammt aus dem Barock. Im Zuge der Reformation war Brakel erst evangelisch geworden, wurde dann aber 1611 komplett rekatholisiert. Daran schloss sich eine kurze Phase des Reichtums an.
„Mit der Rekatholisierung änderte sich nicht nur der Ritus“, berichtet Alfons Jochmaring. „Die neuen Kirchenherren statteten die Kirche mit prunkvollen Altären aus und veränderten mit neu eingezogenen großen Fenstern die Lichtregie.“ An die Stelle der mittelalterlichen Düsternis trat nun helles Licht. Die dahinterstehende Absicht: Die Kirche sollte so etwas sein wie ein Stück Himmel auf Erden, ein Vorgeschmack aufs himmlische Jerusalem.