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Erzbistum Paderborn
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Unsere Nachrichten
01. April 2020

„Wir haben gelernt, das Unmögliche möglich zu machen“

Wie geht ein Kinderheim mit der Corona-Krise um?

Wie geht ein Kinderheim mit der Corona-Krise um?

„Zuhause bleiben“ und „social distancing“ mögen in der Corona-Krise im privaten Bereich machbar sein, für stationäre Caritas-Einrichtungen ist dies nicht möglich. Dies gilt auch für die 28 katholischen Einrichtungen der Erziehungshilfe im Erzbistum Paderborn. Sie entlasten Eltern und junge Menschen in schwierigen Krisensituationen, nehmen Kinder und Jugendliche für einen kürzeren oder auch längeren Zeitraum auf. So auch das Familienhilfezentrum Marienfrieden des Sozialdienstes katholischer Frauen Hochsauerland (SkF) in Arnsberg. 40 Kinder sind dort in fünf Wohngruppen, vier Kinder in Lebensgemeinschaften und zehn Kinder in einer Tagesgruppe „wohnortnah“ untergebracht: Die weitaus meisten kommen aus der Stadt Arnsberg; im Haus Marienfrieden selbst leben derzeit 17 Kinder in zwei Wohngruppen, die zehn Kinder der Tagesgruppe sind derzeit ausquartiert.

Geschäftsführer Ludger Kottmann zur aktuellen Situation in der Einrichtung:

Caritas

Wie ist zurzeit die Stimmung unter den Kindern und Jugendlichen im Haus Marienfrieden? Wie wird die Krise wahrgenommen?

Ludger Kottmann

Seit der Corona-Krise hat sich einiges geändert. Die meisten der 17 Kinder im Haus Marienfrieden kommen aus dem Stadtgebiet. Insofern gab es sehr viele Kontakte zwischen Eltern und Kindern, die nunmehr nach vielen Gesprächen zum Erliegen gekommen sind. Aber auch andere Dinge wie die Eltern-Kind-Gruppe, das Elternfrühstück mussten eingestellt werden. Manchmal kochen auch Eltern der Kinder in den Gruppen oder kommen, um z. B. ihren Kindern nach afrikanischer Friseurkunst die Haare zu machen. All diese Dinge, die für unsere ortsnahe Heimerziehung typisch sind, ruhen derzeit.

In jeder unserer Wohngruppen gibt es aber auch Kinder und Jugendliche, die die Corona-Krise nicht realisieren und auch Gesprächen nicht zugänglich sind. Dabei sind unserem pädagogischen Handeln klare Grenzen gesetzt. Wir bleiben das zweite Zuhause und müssen mit den zusätzlichen Risiken leben. Für Krisensituationen steht uns aber auch unser hauseigener psychologischer Dienst zur Verfügung, wenn auch in reduzierter Form.

Zum Tagesablauf gehören immer zwei Stunden „Schule“. Eine Zeit, in der wir versuchen die Hausaufgaben der örtlichen Schulen zu lösen. Digitalisierung steckt bei unseren Kindern und Schulen leider noch in den „Kinderschuhen“ und man kann nur staunen, was andernorts schon möglich ist. Im Gegensatz zu unseren Außenwohngruppen besitzt das Haus Marienfrieden aber ein schönes und großes Außengelände, das viele Aktivitäten zulässt. Die Abgeschiedenheit des Hauses ist in Zeiten von Corona ein Gewinn. Hier können die Kinder Fahrrad und Kettcar fahren, zum Reiten gehen, auf dem Fußballplatz spielen oder auch ein paar Körbe im Basketball werfen. Auch für schlechtes Wetter haben wir uns gerüstet.

"In der Erziehungsarbeit und in vielen pädagogischen Krisensituationen haben es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Heimerziehung gelernt, das Unmögliche möglich zu machen."

– Ludger Kottmann

Caritas

Im Haus Marienfrieden leben viele Kinder unter einem Dach zusammen. Wäre der „worst case“, eine Quarantäne aufgrund einer Corona-Infektion, überhaupt machbar?

Kottmann

Wir haben mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für jede Gruppe zwei Kollegen vereinbart, die im Falle einer Quarantäne der Gruppe für 14 Tage in die Gruppe einziehen. Da dies eine sehr große Belastung sein kann, haben wir eine dritte Person bestimmt, die im Fall der Fälle einspringt. In der Erziehungsarbeit und in vielen pädagogischen Krisensituationen haben es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Heimerziehung gelernt, das Unmögliche möglich zu machen. Natürlich gibt es auch persönliche Grenzen, die zu akzeptieren sind. Deshalb haben wir frühzeitig mit der Diskussion, wer springt wann ein, begonnen. Am Ende braucht es natürlich auch immer eine Portion Zuversicht.

Wir haben auch den Fall geregelt, falls wir ein Kind aus einer an Corona erkrankten Familie Inobhut nehmen müssen. Im Haus Marienfrieden verfügen wir über ein Inobhutnahme-Zimmer, das an eine Wohngruppe angeschlossen ist und über eine eigene kleine Küche und Bad verfügt. Für die älteren Jugendlichen halten wir ein Apartment frei, das sich neben unserer Außenwohngruppe in Neheim befindet. Natürlich wird es immer Szenarien geben, die wir nicht geplant haben, aber im Zusammenspiel mit Eltern und Jugendämtern wird sich auch dann eine Lösung finden.

Caritas

Wie nehmen Erzieherinnen und Erzieher die gegenwärtige Situation an? Gibt es besondere Unterstützungsangebote?

Kottmann

Wir haben unsere Teamgespräche nicht grundsätzlich abgesagt, sondern bemühen uns unsere Arbeit weiterhin zu reflektieren und zu planen. Die Reaktionen der einzelnen Mitarbeiter und ihre Ängste sind sehr unterschiedlich. Auch hier muss ein respektvoller Umgang im Team mühsam erarbeitet werden. Tarifgerechtigkeit gibt es in diesen Tagen nur begrenzt, aber als Leitungskraft erlebt man viel Willen, die Krise zu überwinden.

Caritas

Welche Erwartungen an die Politik haben Sie angesichts der wirtschaftlichen Folgen?

Kottmann

Vor den finanziellen Einbußen in all unseren Geschäftsbereichen haben wir Sorge, da wir zwar Millionenumsätze erwirtschaften, aber nur begrenzt Rücklagen bilden dürfen. Auch wenn wir das Ausmaß der Probleme in Euro derzeit kaum beziffern können, sind wir für jedes Bemühen dankbar, unsere sozialen Dienstleistungen durch Unterstützungsprogramme und Förderzusagen zu sichern.

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