Vieltönig, wirbelnd, fließend zeigen sich die Fenster des Kölner Doms im Raum-Zeit-Spiegel des Fotokünstlers Wolfgang Weiss. Es ist, als gäbe das Licht den Weg frei für eine Expedition zur Wirkung hinter der Wirklichkeit. Das von außen durch das Domfenster scheinende Licht verbindet sich im gebogenen Spiegel zu einer neuen Wirklichkeit, einer anderen Erscheinungsform des Domfensters, die Wolfgang Weiss fotografisch fixiert. Das natürliche Licht – “lumen naturale” – wird zum Licht des Glaubens – “lumen fidei”.
Die Ausstellung BildKlang Kölner Dom ist eine Co-Kreation von Wolfgang Weiss und dem Komponisten Simon Stockhausen, der Tonfolgen, Klangverläufe und Rhythmen direkt aus den Bildwerken ableitet, seine surrealen Klanglandschaften sind in einer Videopräsentation zu hören. „Wir konnten die Ausstellung in wenigen Wochen verwirklichen“, freut sich Dr. Holger Kempkens, Leiter des Erzbischöflichen Diözesanmuseums, bei der Eröffnung. Auch Fotokünstler Wolfgang Weiss war überrascht, wie unkompliziert der Vorgang war. Nach Köln und Düsseldorf ist nun Paderborn die dritte Station, auf der 14 Großbilder gezeigt werden. Ein anderer Teil dieser Fotofolge ist ab dem 31. August im Düsseldorfer Landtag zu sehen.
Aus der Kathedrale des Lichts
Die Uraufführung der aktuellen Arbeit der beiden Künstler Weiss und Stockhausen wurde dem Kölner Dom als Kathedrale des Lichts gewidmet. BildKlang ist eine Symbiose aus Bildern und Klängen. Fenster eines Doms sind für Wolfgang Weiss Lichtfilter von draußen nach drinnen. Sie sorgen für eine sakrale Stimmung und erzählen eine Geschichte – diese Wahrnehmung versucht der Künstler in einem eigenen Stil umzusetzen. Über den Spiegel bekämen sie eine neue Form, so Weiss, der mit dem Rücken zum Fenster in den Spiegel schaut und seine Entdeckungen macht. Das Bild müsse ihm etwas sagen. Er schaffe damit neue Wirklichkeiten, obwohl er lediglich fixiere, was er momentan sehe.
Symbiose aus Bildern und Klängen
Wolfgang Weiss sucht seine Motive durch einen 50×70 konkaven und verbiegbaren Spiegel. Er schaut hinein, empfindet ein Bild und fotografiert dies schließlich mit einer Kamera vom Spiegelbild ab. „Kein Photoshop, keine Trickserei – sondern nur eine Originalabbildung des Bildes auf dem Spiegel“, lässt sich Weiss in seine Technik blicken. Dabei begibt er sich jedoch auf die Suche, schaut immer wieder neu, achtet auf Standort und Lichtverhältnisse. Unschärfe als Stilmittel sei erlaubt. Jedoch könne ein Foto auch mehrere scharfe Punkte in der Tiefe haben. Was nun wiederum ein Unterschied zu einer normalen Fotografie mit Tiefenschärfe sei. Weiss: „Wenn ich Maler wäre, dann wäre der Spiegel mein Pinsel.“
Es sei keine reine Fotokunst, sondern eine Arbeit mit spiritueller Note, ergänzt Museumsdirektor Kempkens. Einerseits muteten die Bildwerke an wie eine kurvige Grenzlinie zwischen Immanenz und Transzendenz. Andererseits erwiesen sie sich als fließender Übergang. Aus einem naturwissenschaftlichen Hause kommend, war Wolfgang Weiss schon immer an der Quantenphysik interessiert, die ihn zur neuen Stilrichtung der “Photo-Qubits inspiriert habe. „Die Raum-Zeit-Biegung hat mich stets fasziniert“, so Weiss, der bei sich selbst erkannt hat, dass Beobachter durch das Beobachtende beeinfluss sind. Diesen Spirit wünscht er auch den Besucherinnen und Besuchern der Ausstellung im Diözesanmuseum.
Interesse am Hohen Dom geweckt
Wäre ein solches Werk auch im Paderborner Dom möglich? Der Künstler zeigt sich interessiert und hat auch schon an zwei Fenstern im Hohen Dom Gefallen gefunden. Auch das „Drei-Hasen-Fenster“ hat sein Interesse geweckt.