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Erzbistum Paderborn
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Unsere Nachrichten
28. September 2003

Predigt von Erzbischof Hans-Josef Becker zu seiner Amtseinführung

Erzbischof Hans-Josef Becker predigte bei seiner Amtseinführung zu seinem Bischöflichen Leitwort "Auf dein Wort hin"

“Auf dein Wort hin” (Lk 5,5) – Predigt von Erzbischof Becker zu seiner Amtseinführung

Am 28. September 2003 wurde Erzbischof Hans-Becker als 66. Bischof und vierter Erzbischof von Paderborn im Hohen Dom zu Paderborn in sein Amt eingeführt. In dem feierlichen Pontifikalamt richtete er sich mit seiner ersten Predigt als Oberhirte an die Gläubigen im Erzbistum Paderborn. Seine Predigt stand unter dem von ihm gewählten Bischöflichen Leitwort: „Auf dein Wort hin“ (Lk 5,5)

Predigt im Wortlaut

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben! Sehr geehrter Herr Apostolischer Nuntius! Verehrte Herren Kardinäle! Liebe Mitbrüder im Bischofsamt! Liebe Mitbrüder im Presbyterium von Paderborn! Liebe Gäste!

Die Einführung eines Diözesanbischofs in seinen apostolischen Dienst ist verbunden mit vielfältigen und hohen Erwartungen. Da sind konkrete Erwartungen der Menschen im Erzbistum, Erwartungen der Gemeinden und der Priester und Diakone, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren kirchlichen Berufen, Einrichtungen und Verbänden, der Männer und Frauen in den Ehrenämtern aller Orte. Auch die Öffentlichkeit hegt Erwartungen.

Da sind aber auch Erwartungen des neuen Erzbischofs, vor allem an diejenigen, die mit ihm den Weg der Ortskirche von Paderborn weitergehen wollen.

Darf ich davon in dieser Stunde sprechen? – Es liegt mir sehr am Herzen! Das Programm, wenn man es so sagen kann, trägt einzig einen Namen: Jesus Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene, ist der Herr. Er ist das Haupt seiner Kirche.

Ich möchte erwartungsvolle Gedanken mit Ihnen teilen, die sich am Wort des Fischers Simon orientieren, wie wir sie soeben im Evangelium vernahmen: „Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Aber auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen” (Lk 5, 5). Bewusst halte ich fest an dem Leitwort, das ich als Weihbischof vor drei Jahren gewählt habe. Es ist für mich die stets zu gebende Antwort auf das stets ergehende Wort.

Erzbischof Hans-Josef Becker

Zuhören und Hinhören

Wenn ich verstehen will, was jemand meint, muss ich zuhören können. Wenn ich auf meine Frage eine Antwort haben möchte, muss ich bereit sein, aufmerksam hinzuhören. Viele Leute fragen und geben sofort selbst die Antwort dazu. Viele Leute beklagen sich, dass andere sie nicht verstehen; dabei sind sie selbst oft nicht bereit, Ohr und Herz zu öffnen.

Was unter Menschen allgemein gilt, gilt in besonderer Weise, wenn es darum geht, „auf das Wort” zu hören. Jesus hat nicht nur wichtige Worte gesprochen. Er selbst ist das Wort, das zuverlässige Wort der Wahrheit, das zuverlässige Wort der Wegweisung, das zuverlässige Wort des Lebens. Er hat seine Jünger in die Schule genommen. Er hat sie gelehrt und eingeübt, „auf das Wort” zu hören, das er selbst ist.

Wenn da nicht der Satz des Petrus wäre und die sich anschließende Erfahrung von der reichen Erfüllung des Auftrages Jesu, sähe für mich vieles anders aus. Das sage ich vor dem Auftrag, in den ich mich nach der Wahl durch das Metropolitankapitel und durch die Ernennung durch den Heiligen Vater, PapstJohannes Paul, hineingestellt sehe.

„Nur wer das Wort Gottes ernster nimmt als die eigene Berechnung, ernster als die eigene Erfahrung und die so genannte Vernünftigkeit, nur der kann der Macht und der Wirklichkeit Gottes begegnen. Sie übersteigt den engen und kleinkarierten Rahmen dessen, was wir aus uns selber vermögen.“

Erzbischof Hans-Josef Becker

Das Evangelium zeigt uns: Nicht das kluge Rechnen der Fachleute, nicht das Kalkül der Berufsfischer, nicht die geschickte und kluge Betriebsführung bringt den großen Fang, schenkt das große Glück und den rechten Antrieb und die Ermutigung. Nein, es ist das Hören auf den Herrn, die Annahme seines Wortes! Das ist zu erkennen für jeden, der es hören will: Nur wer das Wort Gottes ernster nimmt als die eigene Berechnung, ernster als die eigene Erfahrung und die so genannte Vernünftigkeit, nur der kann der Macht und der Wirklichkeit Gottes begegnen. Sie übersteigt den engen und kleinkarierten Rahmen dessen, was wir aus uns selber vermögen.

Und hier richte ich den Blick auf etwas, was mir zunehmend auffällt in nahezu allen Bereichen kirchlichen Lebens: Wie oft ist in unseren Gemeinden, in Dekanaten und Regionen, in Verbänden und Einrichtungen der Eindruck nahe liegend: Hauptsache, es läuft etwas!

Mut zum lebendigen Zeugnis

Selten mal in ihrer Geschichte wird die Kirche ein so quirliges Leben an sich gehabt haben, wie heute in unserem Land. Ideen veranlassen Aktionen, Aktionen gebären wieder neue Ideen. Nichts gegen all das! Nichts dagegen, wenn die Kirche sich an die Arbeit macht und dies wohlgeplant und wohlüberlegt! Das muss sein! Nichts dagegen, wenn Nüchternheit und Sachlichkeit bei Entscheidungsträgern hoch eingeschätzt sind. Das muss sein! Doch mit zunehmender Deutlichkeit meldet sich die Frage: Gibt all das der Kirche die Kraft, die sie braucht? Verleiht ihr das den Mut zum lebendigen Zeugnis? Gibt ihr das die tiefreichende Ausstrahlung? Lebt sie davon? –

Das Bischöfliche Wappen von Erzbischof Hans-Josef Becker

Es ist wohl an der Zeit, dass wir die Grenzen unseres eigenen Mühens und Wirkens sehen lernen. Es ist wohl an der Zeit, dass wir uns eingestehen: Unsere Strategien und Aktivismen können nicht etwas machen und herbeizwingen, was gar nicht machbar ist: Die Bejahung des Lebens. Die Ermutigung im Glauben. Die Bestärkung der Hoffnung. Die Freude am Dasein.

Nicht der Wundersamkeit wegen ist das Zeichen des erfüllten Fischfanges bei Lukas überliefert, sondern um unwiderruflich deutlich zu machen: Alle, die dem Wort Jesu folgen, alle, die es manchmal auch unbegriffen und unbegrifflich tun, alle, die ihm nachgehen, das ängstliche Fragen zurückstellen und ihm folgen, erleben eine unbeschreibliche Bereicherung, ein Glück, einen wahren Segen.

„Kirche von innen für draußen!“

Die Begebenheit am See Genesaret deutet sich mir wie ein heilsames Medikament gegen den weit verbreiteten Mehltau der Resignation in der Kirche von heute und unter den Christen unserer Tage. Lauert nicht die Gefahr, dass Seelsorge in Zählsorge erlahmt? – Wie viel deprimierte Aufgebrachtheit – aus welchen Gründen auch immer – erschwert notwendige und konkrete Kritik. Die Polarisierung in Schlagworten wie „Kirche von oben“, „Kirche von unten“, verschließt die Aussicht auf eine notwendige „Kirche von innen für draußen!“

Sehr nachdenklich stimmt mich der Satz Martin Bubers: „Was uns wirklich zum Verhängnis werden kann, ist der Glaube an das Verhängnis.“ – Dagegen fällt mir in der Szene am Ufer des Sees auf: Als Simon in seiner ganzen Kleinheit vor der ganzen Größe Jesus steht, geschieht das Entscheidende: „Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen!“ Das meint: Ich kenne dich. Ich sage Ja zu dir. Ich vertraue mich dir an. Ich kann dich brauchen und ich will dich brauchen. Ich kann und will durch Menschen, die Sünder sind, meinen Weg durch die Geschichte machen.

„Das Versprechen an Petrus, das seinen klein karierten Glauben überholt, gilt der Kirche, dem ganzen Volke Gottes. Wie Petrus im Vertrauen auf diese Zusage neue Jünger sammelt, so dürfen wir uns und die anderen dazu ermutigen, der Geschichte Jesu zu trauen.“

Erzbischof Hans-Josef Becker

Und Simon lässt sich darauf ein. Und seit er dies getan hat, haben auch wir keine Ausrede mehr, uns dem Herrn zu verweigern und seiner Liebe zu uns; es gibt keine Ausrede mehr, seiner Sendung und seinem Auftrag davonzulaufen unter Berufung auf Schuld, Versagen und Schwäche. Das ist das Großartige am Handeln Gottes: Er geht das Risiko ein, seine Sache schwachen und sündigen Menschen anzuvertrauen. Und er kann es, weil er selbst immer dabei ist, sein Interesse nicht zurücknimmt. Der Erfolg, das gute Ende, ist und bleibt seine ureigene Tat. Darin eröffnet sich ein hilfreicher Blick auf die Sendung der Kirche heute und auf die Berufung jedes einzelnen Christen, ob Mann oder Frau, Priester oder Laie: „Ich bin berufen zu tun oder zu sein, wofür kein anderer berufen ist. Ich habe einen Platz auf Gottes Erde, den kein anderer hat!“ (Kardinal Newman).

So leben und erleben wir Kirche, wenn wir Jesus Christus, das endgültige Wort Gottes in die Zeit, als den lebendigen Herrn kennen und anerkennen, wenn wir ihn hören und ihm folgen. Durch den Glauben und die Feier der Geheimnisse lebt Christus in der Kirche.

Das Versprechen an Petrus, das seinen klein karierten Glauben überholt, gilt seitdem der Kirche, dem ganzen Volke Gottes. Wie Petrus im Vertrauen auf diese Zusage neue Jünger sammelt, so dürfen wir uns und die anderen dazu ermutigen, der Geschichte Jesu zu trauen.

Die Vertrauensgeschichte Gottes mit den Menschen

Jeder hat seine eigene Geschichte vor Gott. Eines ist uns Christen aber gemeinsam: Wir können tatsächlich auf Vorschuss leben, weil Gott uns viel zutraut. Er sagt und zeigt uns das auch heute: Im Wort und im Sakrament! Wir erzählen uns gegenseitig die

Vertrauensgeschichte Gottes mit den Menschen und erfahren in den Sakramenten der Kirche diesen Vertrauensvorschuss seiner Liebe: In der Taufe nimmt Gott den Menschen an und traut ihm zu, ein Christ zu werden. In der Eucharistie schenkt er den Menschen den Vertrauensvorschuss intensivster Begegnung. In der Buße schenkt er Verzeihung und traut uns zu, neu und besser zu werden; in der Firmung traut er den Heranwachsenden zu, dass er in der Gemeinschaft der Glaubenden seine Verantwortung übernehmen kann. Im Ehesakrament traut er dem Jawort zweier Menschen zu, dass es ehrlich und in Treue gemeint ist. In der Priesterweihe traut er einem Menschen zu, dass er sein Leben für die Lebendigkeit und Christustreue der Gemeinde einsetzt. In der Krankensalbung traut er Menschen in Grenzsituationen zu, dass sie ihr Leid als eine für ihre Beziehung zu Gott und zu den Menschen entscheidende und weiterbringende Phase erleben.

Indem uns Gott durch Jesus Christus in den Sakramenten so viel zutraut, schenkt er uns zugleich die Kraft im Heiligen Geist, seinem Vertrauen soweit wie möglich gerecht zu werden. Ich ahne, was Kardinal Martini meint, wenn er sagt: „Die Kirche ist nicht dazu da, Bedürfnisse zu befriedigen, sondern Geheimnisse zu feiern.“

Von Erwartung sprach ich anfangs. Auf viele Erwartungen an mich möchte ich antworten: In froher Bereitschaft will ich auf Sein Wort hin mit Ihnen und allen Menschen guten Willens den Weg des Glaubens in der uns geschenkten Zeit gehen im apostolischen Dienst als Ihr Erzbischof.

In Hoffnung und Zuversicht erwarte ich, ich wünsche mir und erbitte ich von Ihnen, dass wir im Erzbistum Paderborn und in den Gemeinden und allen Lebensräumen häufiger als bisher auf alle uns bevorstehenden Herausforderungen gemeinsam antworten: „Auf dein Wort hin, Herr!“

Amen.

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