„Neues Leben startet durch“
Warum haben Sie sich für eine Gärtnerausbildung entschieden? Was hat Sie an diesem Beruf gereizt?
Das waren erst einmal ganz praktische Gründe. Ich hatte keine Lust mehr auf Schule, und es standen zwei Berufsmöglichkeiten zur Auswahl: Bäcker oder Gärtner. Ich komme gebürtig aus dem Sauerland, wir hatten eine kleine Landwirtschaft, und von daher war ich dem Garten verbunden. So habe ich mich für den Gärtner entschieden.
Wo haben Sie die Ausbildung gemacht?
Die Ausbildung habe ich in Medebach gemacht, in der Gärtnerei Falkenstein, die es inzwischen aber nicht mehr gibt. Am Ende war ich ausgebildeter Zierpflanzengärtner. Es gibt ja verschiedene Sparten im Gartenbau: z.B. Gemüsebau, Landschaftsbau oder eben auch Zierpflanzenbau. Dazu gehört alles, was mit Topfpflanzen zu tun hat. Übrigens: In Medebach, wo ich meine Ausbildung absolviert habe, bin ich später einmal Pastor gewesen.
Haben Sie nach der Ausbildung noch in diesem Beruf gearbeitet?
In München und Hamburg habe ich als Gärtner gearbeitet. Das waren große Gärtnereien mit einem Schwerpunkten im Bereich Friedhof und Trauerfloristik. Anschließend besuchte ich die Techniker-Schule für Gartenbau in Würzburg-Veitshöchstheim. Dort erwarb ich die Ausbildereignung, könnte also heute noch Gärtner ausbilden. Zuletzt habe ich in einer Ladenbaufirma gearbeitet. Dort war ich für die Einrichtung von Gartencenter zuständig.
Was hat Ihnen an diesem Beruf die meiste Freude bereitet?
Die meiste Freude hat mir bereitet, das Wachsen der Natur zu sehen. Was Natur alles hervorbringt. Und auch, wie so eine Pflanze sich immer wieder durchkämpft. Manchmal denkt man ja: Jetzt ist es vorbei, die Pflanze ist abgestorben. Und dann erlebt man, dass sie es doch wieder schafft und wächst und blüht.
Wie kam es dann zu der Entscheidung, Theologie zu studieren und Priester zu werden?
Die Frage, Priester zu werden, hat mich schon von Kindesbeinen an beschäftigt. Unser direkter Nachbar war der Pastor, und da wir einen kleinen Bauernhof hatten, bekam er Milch von uns. Einer von uns Geschwistern hatte die Aufgabe, die Milch zu ihm zu bringen. So entstand eine erste Beziehung zum Beruf. Als Kinder haben wir oft die Messe gespielt, ich war dann meistens der Pastor. Die Frage Priester zu werden hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Als ich in der Ladenbaufirma arbeitete und oft und viel unterwegs sein musste, tauchte die Frage erneut verstärkt auf: Ist das, was du hier tust, eigentlich die Erfüllung? Dein Leben? Dann habe ich begonnen, mich intensiver mit den Möglichkeiten zu beschäftigen, und schließlich stand die Entscheidung: Du musst es zumindest versuchen. So habe ich dann in Lantershofen Theologie studiert. 1999 bin ich zum Diakon geweiht worden und 2000 zum Priester.
Gibt es etwas Verbindendes bei den beiden Tätigkeiten: Seelsorger zu sein und Gärtner zu sein?
Als Seelsorger muss man manchmal das Gleiche tun wie der Gärtner. Es geht darum, ein Blick für die Menschen zu entwickeln: Was brauchen sie? An manchen Stellen muss, wie im Gartenbau, etwas abgeschnitten werden, manches neu gepflanzt werden. Unser Zukunftsbild hat mit der Vorstellung von Kirche als „Gottes Garten“ ja ein Bild aus diesem Bereich aufgegriffen – das finde ich natürlich wunderbar. Und in der Seelsorge hilft es mir öfters, dass ich mich in diesem Feld gut auskenne. Häufig steht man ja vor der Frage: Wie steigt man in ein Gespräch ein? Und wenn Blumen auf dem Tisch stehen, ist das oft ein guter Gesprächseinstieg. Zum Beispiel: „Ach, da haben sie ja eine Orchidee stehen, hat sie schon mehrmals geblüht?“ Das ist ein leichter Einstieg, vor allem in schwierigen Situationen wie zum Beispiel bei Krankenbesuchen oder in der Trauerpastoral.
Warum ist das Frühjahr für Gärtner eine besondere Zeit?
Weil die Zeit des Wartens vorbei ist und überall Aufbruchsstimmung herrscht. Die Tage werden länger, die Sonne scheint intensiver, die Lebensgeister erwachen, neues Leben startet durch. Wenn man dann vor die Tür geht und die blühenden Krokusse sieht, geht man viel motivierter in den Tag hinein.
Haben Sie heute noch einen „grünen Daumen“?
Ich habe einen kleinen Garten, in dem ich vieles tun kann. Jetzt im Frühjahr zum Beispiel noch schnell Blumenzwiebeln kaufen und pflanzen. Oder die Staudenbeete schon zu bearbeiten. Für mich ist der Garten auch ein Mini-Urlaub: Mann kann Stress abbauen, die Seele baumeln lassen und ist nach der Gartenarbeit entspannter.
Welche Gedanken verbindet der Theologe mit dem Erwachen der Natur jetzt im Frühling?
Der Frühling hat eine Sprengkraft, aus scheinbar Totem blüht etwas Neues auf. Neues Leben erwacht. Wir haben viele Gartenbilder in der Heiligen Schrift: Gott legt in Eden einen Garten an, Jesus spricht unendlich viel vom Wachsen, Reifen und Säen. Die Natur zeigt uns ein Werden, Wachsen, Reifen, aber auch Rückzug, Absterben, Vergehen. Gerade wenn es um Tod und Trauer geht, sind diese Bilder stark und hoffnungsvoll: Das Weizenkorn muss in die Erde fallen, damit etwas Neues entstehen kann.