logocontainer-upper
Erzbistum Paderborn
logocontainer-lower

Morgenandachten im WDR von Prälat Peter Klasvogt

Morgenandachten im WDR-Rundfunk vom 11. bis 16. November 2019

Kirche in WDR 3+5
Morgenandachten
11. – 16. November 2019
von Prälat Peter Klasvogt, Dortmund

Mantelteilung

Drink doch eine met, stell dich nit esu aan!
Du steis he de janze Zick eröm.
Häs de och kei Jeld, dat es janz ejal.
Drink doch met un kümmer dich nit dröm.
(Bläck Fööss, Refrain von „Drink doch eine met“)

Heute, am 11.11., ist Karnevalsbeginn, und dazu ein Schlager der Kölner Band Bläck Fööss.

Sorry, liebe Rheinländer, aber da müssen Sie jetzt durch, dass gerade ich als Ostwestfale ein aufbauendes Wort sage. Dabei sind auch wir Westfalen gesellig und gerne dabei, wenn es darum geht, einen trinken zu gehen – nicht nur in der Karnevalssaison. Das ist ja der Clou dieses Karnevalslieds: Es gilt eigentlich das ganze Jahr, denn es geht um das kleine Wörtchen „mit“. Auch der soll mit-trinken, der kein Geld hat! Das spricht doch für eine ausgesprochen generöse Haltung des Gebens und Schenkens.

Und damit bin ich in gewisser Weise mitten in der Tradition des heutigen Tagesheiligen, des heiligen Martin von Tours. Denn wenn es einen gibt, der exemplarisch für das Teilen steht, dann ist er das zweifellos: jener römische Offizier, der von seinem hohen Ross heruntersteigt, um einem frierenden Bettler die Hälfte seines Mantels zu geben. In der darauffolgenden Nacht, so erzählt die Legende, sei Martin im Traum Christus erschienen, bekleidet mit der hergeschenkten Mantelhälfte. Eine eindrucksvolle Erzählung, die an Jesu Gebot erinnert (Mt 25,40): „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“.

Diese Szene der Mantelteilung wirkt bis heute nach, nicht nur als Theaterstück für Kinder, wenn viele von ihnen am Abend mit ihren selbstgebastelten Laternen hinter Martin und seinem Pferd durch die Straßen ziehen. Denn dabei verinnerlichen sie gewissermaßen en passant eine der wichtigsten Grundregeln christlicher Sozialethik: Wer hat, der soll auch geben. Was in dieser schlichten Beispielhandlung der Mantelteilung so selbstverständlich rüberkommt: dass man teilen soll, wenn man einen Armen sieht, ist eine bleibende Herausforderung für jeden Christenmenschen. Denn im Armen zeigt sich Christus.

Der heilige Martin kann auch heute noch für uns ein Vorbild sein. Denn in seiner spontanen Tat, sich von der Not des anderen anrühren zu lassen und ihm auf Augenhöhe zu begegnen – dazu musste er nun einmal von seinem hohen Ross heruntersteigen –, lässt sich gewissermaßen ein Dreiklang sozial-caritativer Spielregeln lernen:

  • Martin nimmt seine Umgebung wahr und schaut nicht weg, wo ihm der andere in seiner Bedürftigkeit begegnet;
  • Martin erklärt sich für zuständig und legt selber Hand an, und wartet nicht erst bis professionelle Hilfe kommt und das Problem grundsätzlich angegangen wird;
  • Martin gibt nicht im Überschwang der Gefühle alles weg, so dass er am Ende selbst halbnackt dasteht und zum Versorgungsfall wird. Er teilt, was er hat, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und, o Wunder: es reicht für beide.

So kann das Beispiel der Mantelteilung unbemerkt zum Lebensprogramm werden. Und wem die Martinsregel doch etwas zu wenig vom Karneval inspiriert erscheint, der höre einfach noch mal auf die Philosophie der Bläck Fööss, die mit ihrer schlichten Großzügigkeit den Nagel auf den Kopf getroffen haben.

Ich bin Peter Klasvogt aus der Kommende Dortmund. Kommen Sie gut durch den heutigen Tag!

„One moment in time!”

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

„Dieser eine Moment“ – der Traum, einmal im Leben ganz oben, ganz glücklich, ganz frei zu sein … Eine wunderbare Melodie mit einem berührenden Text, gesungen von Whitney Houston, einer großartigen Stimme. Der Song ist die inoffizielle Hymne der Olympischen Spiele 1988 in Seoul gewesen und wurde ein Welthit, der genau den richtigen Ton traf und ins Wort brachte, was nicht nur olympischen Wettkämpfer antreibt: alles zu geben, um im entscheidenden Moment ganz vorne dabei zu sein, sich einzuschreiben in die Liste der Weltbesten, einmalig und unauslöschlich. In diesem einen Moment die ganze Welt zu umarmen, oder, wie es in dem Lied heißt, die Ewigkeit zu berühren.

Einmal im Leben als Sieger auf dem Treppchen stehen, und die ganze Welt verneigt sich vor einem. Ein großartiges Gefühl muss das sein. Aber wie geht der Weg dahin? Das Lied beschreibt ein durchaus zwiespältiges Rezept: Du musst nur an dich glauben; daran, dass du es schaffen kannst, der gesamten Konkurrenz davonzulaufen und alle Widerstände zu überwinden.

Aber damit drängt sich auch die Frage auf: Und was ist mit denen, die in diesem einen Moment versagen? Die diesen einen Moment, der ihr Leben verändern könnte, verpassen? Sind die dann für immer gescheitert? Wenn alles gelingt, ist es ein Leichtes, ein Hochgefühl zu entwickeln und mit traumwandlerischer Leichtigkeit durchs Leben zu ziehen. Dann könnte man die ganze Welt umarmen.

Aber wie geht es, wenn es nicht geht? Wenn ich von mir selbst enttäuscht bin, vor mir selbst und den anderen als Looser, als Verlierer dastehe? Gerade dann bräuchte es etwas anderes im Leben, nämlich einen Moment der Ermutigung, des Mitgefühls und des Trostes. Dass mir bewusst wird: Es geht im Leben letztlich nicht darum, mit strahlendem Lächeln auf dem Siegertreppchen zu stehen, sondern gerade auch in der Krise, im Scheitern, in all den kleinen und großen Problemen doch noch festen Boden unter den Füßen zu haben.

Für mich zeigt sich ein solcher Moment in einem uralten Vers aus den Psalmen. Da heißt es (Ps 121,1f):

„Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen.
Woher kommt mir Hilfe?
Meine Hilfe kommt vom Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Er lässt deinen Fuß nicht wanken,
er, der dich behütet, schläft nicht.
Er steht dir zu Seite.“

Was für ein Moment – wenn Gott mir zur Seite steht, wenn er mir beisteht – auch in meinem Scheitern!

Im Nachhinein erscheint mir der Song von Whitney Houston wie eine Parabel auf ihr eigenes Leben: Mit ihren sechs Grammys gehörte sie zu den erfolgreichsten Sängerinnen ihrer Zeit, ein Superstar, der die Charts bis in die neunziger Jahre anführte. Ihr Erfolg schien grenzenlos. Doch jenseits der Fassade von Glanz und Glamour war ihr Leben von Erniedrigung und Einsamkeit geprägt, von Drogen, Alkoholexzessen und häuslicher Gewalt. Mit 48 Jahren starb sie in einem Hotelzimmer in Beverly Hills. Die letzte Zeile ihres Lieds klingt fast wie ein Gebet: „Gib mir diesen einen Moment, im Lauf meines Lebens die Ziellinie im Blick, und in jenem einen Moment werde ich frei sein.“

Vielleicht hat Whitney Houston das nicht gemeint, aber für mich klingt es so, als hätte sie es gesucht mit der ganzen Faser ihrer Existenz: jenen entscheidenden Moment am Ende des Lebens, wo sie sich mit all ihrem Scheitern, ihren Schwächen und Versagen dem in die Arme werfen kann, der sie an der Schwelle des Lebens umfängt. So einen Moment wünsche ich mir jedenfalls, einen Moment der Wahrheit, der Vergebung und der Freiheit: „And in that one moment of time I will be free.”

Ich bin Peter Klasvogt aus der Kommende Dortmund. Kommen Sie gut durch den heutigen Tag!

Sekundenglück

Guten Morgen!

„Bist du glücklich?“ Eine Frage, mir so unvermittelt gestellt – da kann ich schon mal verlegen werden. Ob ich glücklich bin? – „Im Prinzip schon“, würde ich sagen, und dann kommt in der Regel das kleine oder große ABER. Da sind die kleinen oder großen Wehweh’chen, manch ungelöste Probleme, unerreichte oder unerreichbare Ziele, die ich mir gesteckt habe, vielleicht auch ernste Krisen. „Glück“, so kommt mir in den Sinn, ist ein scheues Reh. Glück haben ist das Eine, etwa beim „Glücksspiel“ oder bei einer glücklichen Fügung; glücklich sein dagegen ist etwas fundamental anderes. Denn da geht es nicht um etwas Punktuelles, sondern um ein Grundgefühl, eine Grundstimmung, auch wenn es im konkreten Alltag nicht immer rund läuft. Und vor allem: Glück kann man nicht einfach machen; aber man kann danach streben – und manchmal ereignet es sich. Dann ist es für mich ein Geschenk des Himmels.

Herbert Grönemeyer nennt solche Momente „Sekundenglück“: Glücksmomente, die sich ereignen, unangemeldet und unverdient. Ein jeder versteht sofort, was er meint, wenn er singt:

„Und du denkst, dein Herz schwappt dir über / Fühlst dich vom Sentiment überschwemmt
Es sind die einzigartigen tausendstel Momente / Das ist, was man Sekundenglück nennt …”

Momente, die sich eingebrannt haben in mein Unterbewusstsein, Momente, aus denen ich lebe: Ein Wort, ein Ton, ein Blick, eine Umarmung, tiefes Verstehen. In einem Augenblick das Einswerden mit der Natur erfahren, mit dem anderen, mit sich selbst. Das Glück, das aufblitzt, und ich werde mir zutiefst dessen inne, was das Menschsein im umfassenden Sinn ausmacht: angenommen, geliebt, ganz verwirklicht, ich selbst zu sein, eine Ahnung von Erfüllung und Vollendung, die mich im tiefsten ausmacht, mir zukommt. „Sekundenglück“ eben, das leider auch wieder flüchtig ist.

Auch die Bibel kennt solche Momente tiefen Glücks: ein Gefühl, eine Ahnung, eine Gewissheit, dass es Momente gibt, da der Himmel die Erde berührt. Es ist der „inner circel“ der Gefolgschaft Jesu, die er mit auf den Berg der Verklärung nimmt, mitten hinein in eine lichte Wolke. Petrus ist überwältig in dem Gefühl des Einsseins mit seinem Geschick, seiner Berufung, seiner Mission, und er fasst es in die Worte: „Es ist gut, dass wir hier sind“. Er will diesem Glücksmoment sogleich eine Bleibe schaffen: Hütten bauen, Gefühle in Stein fassen.

Friedrich Nietzsche hat das Ansinnen des Petrus einmal so formuliert: „Alle Lust will Ewigkeit, tiefe, tiefe Ewigkeit“, wohlwissend, dass es solche Ewigkeit hier auf Erden nicht gibt.

Aber dennoch: Ein solches Sekundenglück geschieht. Es ereignet sich, oft unvorhersehbar. Und aus solchem Glücksempfinden zu leben eröffnet mir eine Ahnung: Dass es einmal ein alles umfassenden Glück gibt, das alles Vorläufige und begrenzte Glück vollkommen macht – ein Ewigkeitsglück eben!

Ich bin Peter Klasvogt aus der Kommende Dortmund. Kommen Sie gut durch den heutigen Tag!

I started a joke

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Guten Morgen!
Kürzlich fiel mir beim Stöbern durch meine alte Plattensammlung wieder eine LP der Bee Gees in die Hände, die in den 60er und 70er Jahren ihre großen Erfolge hatte. Ich fand deren Songs damals wie heute eigentlich ziemlich sentimental. Aber ein Titel auf dieser LP hat es mir doch angetan, und ich kenne die Melodie mit dem Refrain bis heute.

„Ich wollte witzig sein und die ganze Welt zum Lachen bringen; dabei haben die anderen über mich gelacht“, so sinngemäß der Text. Als Jugendlicher und auch danach ging mir das Lied und mehr noch der Text nicht mehr aus dem Sinn. Vielleicht, weil ich damals auch in einer Phase war, in der ich diesen Hauch von Melancholie und Verzweiflung, der in diesem Lied mitschwang, gut nachempfinden konnte. Ich wollte witzig sein, um von anderen beachtet und gemocht zu werden. Und die anderen fanden’s ja auch irgendwie lustig; aber vielleicht haben sie sich auch nur über mich lustig gemacht. Ich weiß es nicht mehr.

Aber heute ist mir eines sehr klar: Dazugehören, mit machen, beachtet werden ist wichtig: Wo das geschieht, da blüht der Mensch auf, geht er aus sich heraus, wachsen ihm sozusagen Flügel. Umso tragischer, wenn all das unterbleibt. Jedenfalls erahne ich, was es für Kinder und Teenager bedeutet, wenn sie sich nicht ernst genommen fühlen, wenn sie ausgelacht und bloßgestellt werden. Wie sehr leidet das Selbstwertgefühl darunter, wenn man Ablehnung erfährt, vielleicht sogar gezielt fertig gemacht und erniedrigt wird. Das kann Menschen in die Verzweiflung, ja in den Tod treiben.

Die Bee Gees haben mit ihrem Song damals bei mir einen Nerv getroffen. Wenn sich unsere Clique damals über jemanden lustig gemacht hat, dann war das noch vergleichsweise harmlos. Heute dagegen ist es grausamer, wenn in einer WhatsApp-Gruppe 100 oder 1000 Mitschüler gleichzeitig so etwas mitbekommen. Cybermobbing ist die digitale Form des Bloßstellens. Es gibt sie an jeder Schule und betrifft gleichermaßen Mädchen wie Jungen. Fast jeder achte Jugendliche hat angegeben, eine Zeit lang schon einmal online beschimpft oder beleidigt oder auf andere Weise gemobbt worden zu sein; und die Opfer werden immer jünger.

Ich frage mich, was treibt Menschen dazu, sich über andere zu erheben, sie vorzuführen und zu erniedrigen. Und was für Wunden bleiben bei den Opfern zurück – vor allem, wenn Verachtung und Bloßstellen im Internet hundert- und tausendmal „geliked“ werden.

Ich frage mich: Wie kann jemand da noch an sich selber glauben, sich selber für Wert erachten? Wenn mir das geschieht, das ist mir klar, dann bräuchte ich Menschen, die mir nahe sind, die zu mir halten, selbst da, wo ich mich selber nicht verstehen, nicht annehmen, nicht lieben kann. Da braucht es Worte der Weisheit, wie ich sie in einem Psalmvers gefunden habe (Ps 34,6f):

„Blickt auf zu ihm,
so wird euer Gesicht leuchten
und ihr braucht nicht zu erröten.

Da ist ein Armer;
er rief und der Herr erhörte ihn.
Er half ihm aus all seinen Nöten“.

Angenommen sein: wenn mir diese Erfahrung zur inneren Gewissheit wird, dann gibt mir das die innere Freiheit, mich ernst oder humorvoll über die Bloßstellungen der anderen hinwegzusetzen. Und: Ich brauche gar nicht alle möglichen Verrenkungen mehr zu machen, um etwas Aufmerksamkeit und Anerkennung zu bekommen, denn ich bin doch schon längst anerkannt, und zwar besser und tiefer, als ich mir das je von anderen erkaufen könnte.

Ich bin Peter Klasvogt aus der Kommende Dortmund. Kommen Sie gut durch den heutigen Tag!

Noone is a stranger to me

Guten Morgen!

„Wenn eine Weltordnung zusammenbricht, beginnt das Nachdenken darüber.“ Der Satz hat mich geradezu elektrisiert. Er stammt von dem Soziologen Ulrich Beck. Und es ist richtig, denn wir erleben gerade, wie unsere Welt immer mehr aus den Fugen gerät. Da sind weltweite Krisenszenarien, politische und wirtschaftliche Abhängigkeiten, globale Wetterphänomene, deren Auswirkungen wir unmittelbar zu spüren bekommen und denen wir uns nicht einfach entziehen können. Ich denke an weltweite Wanderungsbewegungen von Menschen, die vor Hunger, Krieg, Verelendung fliehen; an Überschwemmungen, Hurrikans, Tsunamis, aber auch an langanhaltende Trockenheit und Versteppung ganzer Landstriche; an den Rückgang der Biodiversität, deren Folgen wir noch gar nicht abschätzen können.

Und so frage ich mich: Wo sind die Orte des Nachdenkens und Weiterdenkens, wo all die zusammenfinden, denen das Wohl der Menschen und der Menschheit am Herzen liegt, die sich den nationalen und globalen Herausforderungen stellen und miteinander um die besten Lösungen ringen – allerdings nicht abgehoben, sondern konkret, handlungsorientiert, kampagnenfähig? Wo sind die Orte, wo es um die Grundfragen des Lebens und des Zusammenlebens geht, um Hilfe für Bedürftige und Schutz für die Schwachen, um den Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden? Wo sind die Orte des Nachdenkens, an denen nicht nur geredet wird, sondern Impulse zum Handeln erwachsen, zum Dienst am Nächsten.?

Solche Orte gibt es bereits: Zum Beispiel in den vielen Sendungen der aktuellen Themenwoche der ARD mit dem Motto „Zukunft Bildung“. Denn Bildung ist der Schlüssel für die Bewältigung der Zukunft in einer Welt, die aus den Fugen gerät. Aber eine Woche reicht da nicht aus. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich bin Leiter einer Sozialakademie in Dortmund, wo Bildung eines unserer wichtigsten Ziele ist. Und Bildung geschieht täglich und ganz konkret.

Deutlich wurde mir das, als wir kürzlich unser Jubiläum in Dortmund gefeiert haben. Die internationale Musikband Gen Verde sang dazu ein Lied, das mich tief angesprochen hat:

„No one is a stranger to me“

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

„Niemand ist mir fremd“. Ich weiß, das hört sich sehr ambitioniert an. Dahinter steckt aber die Neugier, sich ein realistisches Bild von der Wirklichkeit zu machen, immer wieder neu, und immer wieder vom andern her zu denken: Niemand ist mir fremd.

Die Begründung liefert mir als Christ ein treffender Text des Zweiten Vatikanischen Konzils. Da heißt es (GS1):

„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände.“

Bildung, um bei den Menschen zu sein, um vom andern her zu denken. Ob die Weltordnung zusammenbricht oder nicht: das liegt letztlich an uns Menschen. Wir haben nur diese eine Erde, und es ist diese eine Menschheit, die für sie Verantwortung trägt – jeder einzelne, sie und ich. Papst Franziskus hat das mit seinem Appell noch einmal sehr deutlich gemacht, „die Klage der Armen ebenso zu hören wie die Klage der Erde“ (Laudato si, 49). Er fordert dazu auf, „mit allen gemeinsam die epochale Herausforderung zu überwinden, eine gemeinsame Kultur der Begegnung und eine globale Zivilisation des Bundes aufzubauen“.

Es könnte der Beginn einer neuen Bildung aus religiöser Kraft sein: die Bereitschaft zur Übernahme globaler Weltverantwortung, damit die Menschheit eine Zukunft hat. Denn „niemand ist uns fremd“.

Ich bin Peter Klasvogt aus der Kommende Dortmund. Kommen Sie gut durch den heutigen Tag!

Hommage an einen Freund

Guten Morgen!

„Hakuna Matata“ – der Gruß auf Swahili meint sinngemäß so viel wie: „Alles ist gut. Es gibt keine Probleme“. Er wird als Lied gesungen und erinnert mich an eine anrührende Szene an einem lauen Sommerabend mitten auf einer Piazza in Rom. Emmanuel, ein Freund aus Ruanda, den ich Jahre zuvor kennen gelernt hatte, sang just dieses Lied, und wir Umstehenden sangen mit, erst leise und zögerlich, dann immer kräftiger.

Aber so ist das Leben nicht – oder doch? Wir hatten uns damals wenige Stunden zuvor auf einer internationalen Konferenz die Köpfe heiß geredet über all die Schwierigkeiten und Probleme in Kirche und Gesellschaft. Bis dann Emmanuel uns mit seiner leisen Stimme eben diese Lektion erteilte, nicht aufdringlich und nicht besserwisserisch, getragen vielmehr von einem Grundgefühl der Zuversicht und des Vertrauens: „Hakuna Matata“ – „Alles ist gut. Es gibt keine Probleme“ – und das aus dem Mund von einem Mann, der die Armut und Verzweiflung der Menschen und die Abgründe menschlicher Grausamkeit kennen gelernt hat.

Seine Geburt stand unter einem guten Stern. Er war wirklich ein Christkind, geboren an Weihnachten in einem Flüchtlingslager in Tansania. Seine Eltern hatten beizeiten die Gefahr ethnischer Säuberungen erkannt und waren rechtzeitig aus Ruanda ins Nachbarland geflohen. Was dann kam, der schreckliche Völkermord von 1994, als innerhalb von 3 Monaten mehr als 800.000 Menschen mit Macheten und Maschinengewehren auf grausamste Weise niedergemetzelt wurden, gilt als eine der schmachvollsten Niederlagen der internationalen Staatengemeinschaft.

Emmanuel hatte in einem Priesterseminar Theologie studiert, und es drängte ihn, in die Heimat seiner Eltern zurückzukehren. Ihm war klar: In dem vom Völkermord traumatisierten Ruanda brauchte es Menschen, die einfach da waren, die zuhören und mit den Menschen weinen konnten; und die zur Stelle waren, wenn vor den Versöhnungskomitees Schuld eingestanden wurde, wo Menschen gar die Kraft fanden zu verzeihen. Er engagierte sich als junger Priester vor allem für Menschen, die als Kinder das Morden durch den Mob und die Vergewaltigungen mit angesehen hatten und ohne Familie ums Überleben kämpften.

Jahre später habe ich Emmanuel mit Studierenden in Ruanda besucht. Es war gerade der zwanzigste Jahrestag des Genozids. Wie gehen die Menschen heute mit ihrer Geschichte um? Wie schaffen sie es, dass sie, die sich gegenseitig so viel Leid zugefügt haben, nun wieder friedlich zusammenleben? Wie kann Versöhnung gelebt werden? Eine Antwort habe ich erfahren bei der Feier der Osternacht, unvergesslich für mich.

Das Licht der Osterkerze, das sich in der dunklen Kirche ausbreitete und die Gesichter der dicht gedrängt stehenden Menschen erhellte, und dann das Lob auf die Osterkerze mit dem wichtigen Satz: „O Felix Culpa“ – „O glückliche Schuld, welch großen Erlöser hast du gefunden!“ Das ging mir wie ein Schauder den Rücken herunter: Vergebung angesichts des Genozids, Umkehrung der Werte: glückliche Schuld, weil einer Schuld vergibt. Das war in Ruanda passiert: Ringen um Versöhnung und Erlösung und die Erfahrung, wirklich von Schuld und Sünde befreit zu sein. Das kann man nicht begreifen. Aber man kann es erahnen, wenn man Menschen kennen lernt wie Emmanuel, die am Rande des Todes waren, verzeihen und unbeirrt dem Leben trauen. Ich hatte verstanden: Es gibt Probleme, aber im Letzten und Tiefsten ist alles gut. Hakuna Matata.

Ich bin Peter Klasvogt aus der Kommende Dortmund. Kommen Sie gut durch den heutigen Tag!

Weitere Einträge

Unsere Nachrichten Pfarrer Alfons Runte verstorben

Das Erzbistum Paderborn trauert um Pfarrer i. R. Alfons Runte. Er starb am Sonntag, dem 14. April 2024.

Unsere Nachrichten Tausche Judith Rakers gegen Liboriusschrein

Stickeralbum "Paderborn sammelt Paderborn" mit vielen kirchlichen Motiven kommt gut an

Unsere Nachrichten „Stürmische Zeiten“ in Deutschlands Krankenhäusern

Informationsveranstaltung der CURA als wichtiges Kompetenz- und Dialogforum für die katholischen Krankenhäuser im Erzbistum Paderborn
Kontakt
| |
generalvikariat@erzbistum-paderborn.de
+49 (0)5251 125-0
Barrierefreiheit