gemeinsam unterwegs
17.08.2021
Miteinander

Miteinander unterwegs auf der Suche nach Gott und dem Anderen

Mit Johanna Rüffin im Gespräch über Glauben im Jugendverband und ihre Rolle als geistliche Leitung

test
von Sophie Kiko

Das „K in KjG“. Der Ausdruck steht für „Katholisch“ und ist ein Insider der katholischen jungen Gemeinde – einem Kinder- und Jugendverband. Wenn Gottesdienst gefeiert, wenn Spiritualität gelebt wird, dann ist es eben das „K in KjG“. In jedem Diözesanverband hat das K auch ein Gesicht – die Geistliche Leitung. Im KjG-Diözesanverband Paderborn: Johanna Rüffin. Sie ist 37 Jahre alt, Mutter von zwei Kindern und Theologin. Gemeinsam kommen wir in ein Gespräch über ihr Amt, den Unterschied zwischen Haupt- und Ehrenamt sowie den Glauben im Jugendverband und unsere persönlichen Erfahrungen damit.

Johanna Rüffin

Das Gespräch beginnt mit der Frage: „Was bedeutet für dich Glaube im Jugendverband?“ Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Miteinander unterwegs sein auf der Suche nach Gott und dem anderen. 

Johanna beschreibt ihr bisheriges Leben metaphorisch als Weg mit unterschiedlichen Stationen. Es habe Rechts- und Linkskurven, gerade Strecken, Umwege, Hügel, Berge und Täler, sowie Menschen gegeben, die auf den verschiedenen Wegstrecken mit ihr gegangen sind. Ob in Fulda, Würzburg, Freiburg, Rodenbach, Hanau oder nun in Paderborn. Die 37-Jährge hat schon an den verschiedensten Orten gelebt und ist somit auch physisch immer unterwegs. Begleitet wird sie dabei von der Bibelstelle Ex 3,14: „Ich bin der ‚Ich-bin da‘“, die ihr Vertrauen gibt: „Gott ist mit mir auf dem Weg, in den Zeiten, in denen ich mir in meinem Glauben sicher war, die wenig von Zweifeln durchzogen waren; aber auch genauso, als ich gesucht habe - nach dem richtigen Weg, nach dem tragenden Glauben, nach Gott selbst.“ Besonders geprägt wurde sie immer wieder durch Gemeinschaftserfahrungen im Glauben, wie zum Beispiel Messdienerwallfahrten nach Rom, die Johanna in ihrer Spiritualität besonders gestärkt und ihr verdeutlichen haben: „Ich glaube nicht allein. Viele gehen den Weg mit – Gemeinschaft stärkt, trägt und macht Freude.“

Für einen Job gewählt werden

Es war klassisch die Ausschreibung des Amts in der KjG, die Johanna darauf aufmerksam machte und ihr Interesse weckte, nachdem sie aus beruflichen Gründen mit ihrer Familie nach Paderborn zog „Junge Menschen im Glauben begleiten, mich liturgisch kreativ ausprobieren und Gottesdienste ganz anders feiern, – das fand ich spannend.“ Selbst als Teil eines Jugendverbands – der DPSG aufgewachsen und Jahre lang engagiert gewesen, sieht sie in der geistlichen Leitung etwas, das zu ihr passt und worin sie verwurzelt ist. Die Aussicht auf das gemeinsame Arbeiten im Team mit den vielen Mitgliedern im ganzen Bistum gibt letztlich den Ausschlag für die Bewerbung und Johannas Kandidatur. Geistliche Leitung in der KjG kann wie auch in vielen anderen Jugendverbänden nämlich nur werden, wer von den Mitgliedern auch das entsprechende Vertrauen entgegengebracht bekommt und gewählt wird. Auf den ersten Blick ungewöhnlich, für die Jugendverbände und ihre demokratische Struktur aber selbstverständlich.

Ihr Amt ist eine Allround-Aufgabe und das hat auch Johanna bemerken müssen. Als geistliche Leitung ist sie nicht nur dafür zuständig, Gottesdienste, Impulse und weitere Glaubensangebote vorzubereiten, sondern auch Teil der Diözesanleitung des Verbandes. Zwischen Personalführung, Alltagskoordination und Gremienarbeit fühlt sich die 37-Jährige manchmal gebremst in ihren eigentlichen Aufgaben und Vorhaben. Hinzu kam die Distanz, die Corona zuletzt eingefordert hat und der theologischen und spirituellen Begleitung zusätzlich im Weg stand. Viele Angebote, Veranstaltungen und Chancen zum Austausch über Gott und die Welt konnten nicht stattfinden. An dieser Stelle des Gesprächs wirkt die Stimmung getrübt. Es klingt Frustration mit, die Johanna in dieser Zeit begleitet haben muss. Als sie zum Ausblick auf den Rest des Jahres kommt, ändert sich dies schlagartig.

Sie wirkt hoffnungsvoll, sehr motiviert und von Vorfreude durchzogen, während sie von all den Angeboten erzählt, die jetzt endlich stattfinden sollen: Exerzitien, bei denen junge Menschen auf die Suche danach gehen können, was ihnen im Leben und im Glauben wichtig ist. Ein Adventswochenende, das sich rund um unsere Weihnachtstraditionen drehen und eine Auszeit für die Teilnehmenden sein soll. Ein K-Wochenende mit Musik, Glaube und Kirche im Mittelpunkt. Dazu die Möglichkeiten, wieder vor Ort Impulse und Gottesdienste für die Mitarbeitenden, die Gremien und die einzelnen Pfarrgemeinden der KjG gestalten zu können. Es ist nicht übersehbar: Für diese Aufgaben ist Johanna geistliche Leitung geworden. Darin blüht sie auf und schöpft nach einer schweren Zeit neue Leidenschaft: „Jetzt motiviert mich das Zusammensein mit anderen und mein Glaube, aus dem ich sehr viel schöpfen kann, gibt mir Kraft dazu.“

Good News
Johanna Rüffin

»Es geht mir darum, andere aufzufordern, sich zu fragen, ob auch sie das Vertrauen, die Hoffnung oder die Kraft aus dem Glauben ziehen können«

JOHANNA RÜFFIN
Geistliche Leitung der KjG Paderborn

Dass ein Kinder- und Jugendverband wie die KjG eine hauptamtliche geistliche Leitung hat, ist für Johanna essentiell: „Wir sind ja kein beliebiger Jugendverband, sondern einer, der das Wort katholisch auch direkt im Namen trägt und sich der Kirche zugehörig fühlt. Das trifft nicht zwingend auf alle Mitglieder zu, aber ohne die kirchliche Zugehörigkeit würden wir gar nicht existieren. Neben der strukturellen Grundlage halte ich persönlich es für total wichtig, dass Menschen die Möglichkeit haben, in ihrem Verband auch ihrem Glauben nachzugehen, zu suchen, Wege aufgezeigt zu bekommen, sich mit jemandem austauschen zu können, – sei es mit mir im persönlichen seelsorgerlichen Gespräch oder aber auch mit anderen jungen Menschen.“

Johanna verfolgt in ihrer Arbeit aber auch noch ein persönliches Anliegen: „Ich möchte meinen eigenen Glauben weitergeben und zeigen, wie wertvoll dieser für mein Leben ist und wie wertvoll Gott mir als Wegbegleiter ist. Es geht mir darum, andere dazu aufzufordern, dies zu sehen und sich zu fragen, ob sie nicht auch das Vertrauen, die Hoffnung oder die Kraft daraus ziehen können.“

Sie erzählt von ihrer Familie, in der sie groß wurde und der Glaube von Beginn an eine Rolle gespielt hat. Es erscheint ihr immer weniger selbstverständlich, dass sie schon als Kind von Gott erfahren dufte und sie ist dankbar dafür, Jesus schon in ihrer Kindheit als Freund und Wegbegleiter erlebt zu haben. Der Glaube, mit dem sie damals unter anderem in Tisch- und Abendgebeten, in Kindergottesdiensten, im Ministrantendienst, oder bei den Pfadfindern in Berührung gekommen ist, gibt ihr auch heute als Erwachsene noch Halt, Hoffnung und Zuversicht. Besonders in der Zeit, in der ihr Vater sehr krank war und letztendlich auch früh verstorben ist, hat sie selbst Gott als wertvolle Wegbegleitung erfahren. 

Diese Lebens- und Glaubenserfahrungen möchte sie an die Mitglieder der KjG weitergeben. Das kann ihr zufolge mit besonders gestalteten Gottesdiensten oder Impulsen gelingen, die wichtige und relevante Lebensthemen aufgreifen. Darüber hinaus versucht sie, im Angebot auch seelsorgerlich für die jungen Menschen da zu sein und als Gesprächspartnerin ansprechbar zu sein. Sie berichtet ihnen von ihren eigenen Glaubenserfahrungen, um authentische Zeugin zu sein und arbeitet dabei auch mal mit biblischen Texten, die zeigen: Sie sind zwar alt, aber passen doch noch immer zum Leben heute und können Antworten auf Fragen geben, die uns auf dem Herzen liegen.

„Im Prinzip bemühe ich mich, einfach Ich zu sein und den Weg der anderen mitzugehen und zu begleiten. Es gibt da sicherlich noch viele Möglichkeiten. Ich bin dabei stets auf der Suche und am Ausprobieren. Das macht ja auch das Leben und den Glauben spannend“, ergänzt Johanna.Für sie steht im Fokus der Glaubenserfahrungen, was auch die Jugendverbände ausmacht: Die Gemeinschaft, die grundlegend für so gut wie jedes spirituelle Angebot ist, die alle akzeptiert und stärkt. Sie ermöglicht, dass Themen gemeinsam mit Freude vermittelt werden können und ein Raum entsteht, in dem ein ehrlicher, offener und auch kritischer Austausch möglich ist.

Auf der Suche
Miteinander ins Gespräch gehen
Mit der Bibel unterwegs

»Schade, dass es erst den Mangel braucht, 
damit Ämter geöffnet werden.«

JOHANNA RÜFFIN
37 Jahre, Theologin 

Hieraus zieht Johanna, was für das Amt der geistlichen Leitung mitgebracht werden sollte: "Freude, Kreativität und vor allem die Offenheit, sich mit Kritik zu beschäftigen und zu positionieren. Damit das auch theologisch differenziert zu kirchenpolitischen Themen möglich ist, braucht es auch das Theologiestudium, welches das Erzbistum voraussetzt.“ Das Studium als Voraussetzung für das Amt kann die geistliche Leiterin gut nachvollziehen. Johanna ist erst die zweite geistliche Leitung der KjG Paderborn, die nicht dem Priestertum angehörig ist, sondern zu den sogenannten Laien gehört und ist darüber hinaus die erste Frau, die dieses Amt in Paderborn inne hat. Dabei ist sie fest davon überzeugt, dass beide Lebensformen das Amt gleich gut ausfüllen können und, dass es nur kleine Unterschiede gibt, wie z.B. die Möglichkeit, die Eucharistie mit Jugendlichen zu feiern, die Johanna fehlt. Eine Beobachtung aber bedauert und ärgert sie augenscheinlich: "Es ist schade, dass die Öffnung solcher Positionen nicht aus Überzeugung, sondern immer aus einem Mangel an Priestern heraus passieren. So bekommen auch Frauen erst dadurch die Möglichkeit, in diesen Ämtern ihren Glauben zu vermitteln."

Johanna Rüffin

Mit Rückenwind in eine neue Amtszeit

Johanna blickt gern auf ihre vergangene zweijährige Amtszeit zurück und fasst diese zusammen mit dem derzeitigen Motto des Jugendverbands: bunt und vielfältig, wenn auch durch Corona getrübt. Was ihr aber besonders deutlich geworden ist: „Jugendverbandsarbeit allgemein ist Teamarbeit und das der KjG ist für mich ein großartiges.“ Für die geistliche Leiterin steht daher fest: Bei der Diözesankonferenz im September wird sie für eine weitere Amtszeit kandidieren, um im Jugendverband weiterhin unterwegs zu sein. Miteinander. Auf der Suche.

Mix