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Mit starkem Willen in eine neue Kultur

Themenspecial "Große Pläne": Der 22-jährige Madagasse Tsiory macht den Freiwilligendienst im Heilpädagoischen Zentrum.

Themenspecial „Große Pläne“: Tsiory aus Madagaskar im Freiwilligendienst beim HPZ Warburg

„Er kennt seine Verantwortung, arbeitet selbstständig und ist beliebt durch seine lockere Art bei Mitarbeitenden und Besuchern“, ein schöneres Lob kann Valentina Zelmer dem Gast aus Madagaskar  zum Jahreswechsel kaum mit auf den Weg geben. Gemeint ist der 23-jährige Tsiory – mit vollem Namen Rabemanantsoa Tsiorinavalona Tiaray, der seit Oktober seinen Freiwilligendienst beim Heilpädagogischen Zentrum (HPZ) in Warburg absolviert. Als Leiterin des Teams Tagesstruktur im HPZ  – eine Stätte der Caritas Wohnen im Erzbistum Paderborn GmbH – freut sich Valentina Zelmer über „eine Bereicherung und große Unterstützung für die Arbeit im Bereich der Tagesförderstätte“.

„Ich will das machen“, entscheidet Tsiory im Laufe des Jahres, noch in Madagskar. Der Gedanke, dass es Menschen mit erhöhten Hilfebedarf gibt, beschäftigt ihn immer wieder. „Es sind Menschen wie du und ich, deshalb möchte ich helfen. Diese Menschen verdienen Hilfe“, sucht Tsiory nach einer wertvollen Aufgabe, die er ein wenig durch Zufall im Kontakt mit der Oberin der Schule Lycée Anne Marie Javouhey Ambalavao auf Madagaskar findet, an der auch seine Mutter als Lehrerin arbeitet. Ein Freiwilligendienst im Ausland wird sein Wunschtraum, den er nun mit aller Energie in die Tat umsetzen möchte.

Kontakt seit 40 Jahren

Über den Verein „Mundus – eine Welt e.V“, der seit 2008 für junge Menschen Freiwilligendienste organsiert, soll der Wunsch in Erfüllung gehen. Da trifft es sich besonders gut, dass es zwischen den Ordensschwestern und der Warburgerin Dagmar Feldmann seit rund 40 Jahren sehr gute Kontakte gibt. „Diese Verbindung besteht schon seit meiner Jugendgruppenzeit“, erinnert sich Dagmar Feldmann, die sich freut, dass junge Menschen aus Madagaskar die Möglichkeit bekommen, internationale Erfahrungen zu sammeln. Es sei für sie ein wichtiger Schritt, Wege aus der Arbeitslosigkeit im eigenen Land zu finden, wenn sie zurückkehren.

Tsiory nimmt das Angebot von Mundus sehr ernst und bereitet sich gewissenhaft vor. Er füllt das Bewerbungsformular aus, legt sein madagassisches Abitur-Zeugnis vor und beginnt schon in seiner Heimat mit einem Deutsch-Kurs. Um auch erste Erfahrungen zu sammeln, macht er ein Praktikum in einem Heim für Menschen mit Behinderung in Mananjary an der Ostküste der Insel. Lediglich die Bürokratie um das Visum erschwert die Vorbereitung und verzögert den großen Tag der Abreise um ein paar Tage.

24-Stunden-Flug mit vielen neuen Eindrücken

„Ich war sehr glücklich, als dann alles klar war. Doch kurz vor der Abreise bekam ich doch ein unruhiges Gefühl“, beschreibt Tsiory das Abschiednehmen von der Heimat. „Ich war traurig, dass ich meine Familie – Eltern und drei Geschwister – verlassen musste, und hatte auch ein wenig Angst vor dem neuen Land und der neuen Kultur.“ Zum Glück konnte er in Madagaskar schon Dagmar Feldmann kennenlernen, die ihm dann auf dem langen Flug auch eine gute Begleiterin war.

Acht Stunden Busfahrt vom Heimatort Ambalavao bis zur Hauptstadt Antananarivo, um dann mit dem Flieger über Mauritius und Istanbul nach Frankfurt zu fliegen. „Das war mein erster Flug und dann gleich annähernd 24 Stunden unterwegs“, war Tsiory ziemlich ergriffen von der langen Reise mit vielen neuen Eindrücken. Doch es sollte nicht die letzte Überraschung des Tages bleiben.

Denn in seiner neuen Heimat fühlte sich im ersten Moment ein „Stück verloren“. Im 1000-Einwohner Dorf Bonenburg bei Warburg sollte er sich ab sofort heimisch fühlen und auf dem landwirtschaftlichen Hof seiner Gastgeberin Dagmar Feldmann wohnen. „In Frankfurt stand Hochhaus an Hochhaus und nun war ich mitten auf dem Land. Das war schon ruhig, sehr ruhig“, lächelt Tsiory heute über seine erste Begegnung mit dem Landleben, an dem er mittlerweile Gefallen gefunden hat. Sein Heimatort Ambalavao hat immerhin 20.000 Einwohner und dort lebte er mittendrin in der Stadt, die durch Tourismus geprägt ist sowie von einer starken Papiermanufaktur und Seidenherstellung lebt. „Ganz groß ist auch der Markt jeden Mittwoch“, vermittelt Tsiory mit Freude Eindrücke aus seinem Land.

Am nächsten Morgen begann die nächste Herausforderung für den 23-Jährigen, der sich im HPZ Warburg vorstellen durfte. „In Madagaskar ist alles etwas ruhiger und gemütlicher“, stellte er auf der Busfahrt zur Arbeitsstelle fest. Pünktlichkeit wurde fortan zur ersten Herausforderung. Die Erkenntnis, dass die Deutschen ‚Arbeitstiere‘ seien, entwickelte sich zu einem festen Bild.

Lernwillig und auf die Zukunft blickend

„Wir haben derzeit zwei Freiwilligendienste bei uns beschäftigt. Tsiory arbeitet in der Tagesstätte, ein anderer junger Mann aus Namibia in der Schreinerei. Sie haben die gleichen Aufgaben wie die anderen Festangestellten. Wir sind sehr zufrieden“, erklärt Valentina Zelmer, die sich gern an den Team-Tag im Haus Ende Oktober erinnert, bei dem Tsiory schon teilnahm und rundum einen guten Eindruck hinterlassen hatte. „Ich bin auch sehr glücklich. Habe hier eine sehr gute Anleitung für meine Arbeit bekommen und Zeit gehabt, alles nach und nach zu lernen“, bedankt sich Tsiory besonders bei seinen Kollegen Christof Ricker und Christian Böttcher: „Die sind sehr nett.“

Die Begleitung der Besucher der Tagesstätte, zu der Menschen mit Behinderungen kommen, während des Tages beim Abholen aus der Wohngruppe oder bei der Essenverteilung gehört ebenso zu seinen Aufgaben wie gemeinsame Spaziergänge. Am Anfang habe er bei den ersten Kontakten mit den Besuchern auch lernen müssen. Missverständnisse hätten sich nicht vermeiden lassen. „Erst mit der Zeit habe ich die Umstände verstanden, die Personen besser kennengelernt und Situationen einschätzen können. Jetzt kann ich alles besser einschätzen und habe auch keine Angst mehr, dass etwas nicht klappen kann. Gut, dass mich meine Kollegen nicht ins kalte Wasser geworfen haben, sondern mich gut herangeführt haben. Jetzt verstehe ich Reaktionen und kann deeskalierend vorausschauen“, so Tsiory.

Der Madagasse kommt gut an. Dabei hilft ihm auch, dass er lernwillig ist. Allein bei den Sprachen geht er mit gutem Beispiel voran. Neben madagassisch spricht er perfekt Französisch, gut Englisch und immer besser Deutsch. Kommunikation sei ein wichtiger Faktor für die Arbeit, habe er gelernt. „Aber in Deutschland gilt auch eine gute Struktur“, weiß er nun und ist dankbar: „Die Kollegen sind hier sehr hilfsbereit, unterstützen und zeigen, wie man es gut machen kann. In Madagaskar werden Fehler viel schneller kritisiert.“

Beruflich noch nicht festlegen

Auch im sozialen Verhalten mit den Besuchern hat er schon viele Erkenntnisse gesammelt. „Wie hilfreich Spaziergänge sein können und die Beschäftigung durch Spiele“, konnte Tsiory einen „guten Draht“ zu den Besuchern aufbauen. Dennoch bleibt für seine Zukunft ein Pflegeberuf nicht oberste Priorität. Anlagenmechaniker für  Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik steht auf der Liste ganz vorn. Vielleicht aber auch Tourismusmanager – ein Beruf, der in Madagaskar sehr wichtig ist. „Ich will mich jetzt noch nicht festlegen, sondern die Entwicklung noch etwas abwarten“, verrät Tsiory seine Pläne. Auch im sportlichen Hobby zeigt er seine Offenheit. Durch sein Heimatland kennt er Basketball gut, in Warburg hat er Tischtennis lieben gelernt.

Jetzt hat er sein erstes Weihnachtsfest in Deutschland verbracht. In Madagaskar sei Weihnachten noch mehr ein kirchliches Fest mit Krippenspielen und langen Gottesdiensten. Auch die Geschenke ständen nicht so im Vordergrund. Beim Neujahrs-Wunsch wird er dann doch madagassisch: „In meiner Heimat können wir nicht alles nur in einem Satz sagen. Es wird viel mehr geredet“, sagt er schmunzelnd, um sich dann doch kurz zu fassen: „Ich wünsche mir Gesundheit, gute Arbeit, gute Deutschkenntnisse und dass ich meiner Familie auch helfen kann. Das ist mir sehr wichtig.“

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