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Erzbistum Paderborn
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Gemeinsam lernen mit “KoKoRU”

Besuch an Lügder Grundschule: Wie der "Konfessionell-Kooperativen Religionsunterricht" (KoKoRU) viele Vorteile bringt.

Themenspecial “Einheit”: Der Konfessionell-Kooperative Religionsunterricht

Katholische und evangelische Kinder nehmen am Konfessionell-Kooperativen Religionsunterricht teil. An der Grundschule St. Marien in Lügde zeigt sich, wie viele Vorteile das gemeinsame Konzept bringt.

Sigrid Kleine-Elbracht und Kerstin Vietmeyer kennen sich schon lange: Seit 2005 unterrichten sie an der Grundschule St. Marien in Lügde, im Nordosten des Erzbistums Paderborn. Beide sind Religionslehrerinnen: Kleine-Elbracht für katholische, Vietmeyer für evangelische Religion. Doch bevor der konfessionell-kooperative Religionsunterricht an ihrer Schule startete, hieß es erst einmal: einen gemeinsamen Lehrplan ausarbeiten, der beiden Konfessionen gerecht wird. „Da muss man Kompromisse finden, miteinander verhandeln und gucken, welche Themen in welchem Umfang im Unterricht behandelt werden sollen“, beschreibt Sigrid Kleine-Elbracht. Ihre evangelische Kollegin Kerstin Vietmeyer ergänzt: „Da wir zwei ohnehin auch vor KoKoRU schon eng zusammengearbeitet und gemeinsam ökumenische Schulgottesdienste gestaltet haben, fiel uns das sicher leichter als Kolleginnen und Kollegen an anderen Schulen.“

KoKoRU, der Konfessionell-Kooperative Religionsunterricht, ist eine neue Form des Religionsunterrichts, bei dem sich evangelische und katholische Kinder und Jugendliche zusammen mit dem Glauben, der Kirche und dem Christentum befassen. In Nordrhein-Westfalen haben sich neben dem Erzbistum Paderborn auch die Bistümer Aachen, Essen und Münster mit den drei evangelischen Landeskirchen (Rheinland, Westfalen, Lippe) auf das Konzept verständigt. Seitdem ist ein gemeinsamer Religionsunterricht in Grundschulen und in der Sekundarstufe I offiziell geregelt. Über 200 Schulen aus dem Erzbistum Paderborn haben KoKoRU mittlerweile beantragt.

Immer mehr Kinder sind konfessionslos

Der Hintergrund: Immer mehr Kinder in den Schulen sind konfessionslos. Homogen verteilter evangelischer und katholischer Religionsunterricht ist somit schwerer durchzuführen. Das führte an Schulen unter anderem zu ungeregeltem Religionsunterricht im Klassenverband oder sogar dem Ausfall des Religionsunterrichts.

Auch für die Grundschule in Lügde war KoKoRu so etwas „wie eine Rettung“, sagt Kerstin Vietmeyer. Im Schnitt ist ein Drittel, oft sogar die Hälfte der Klassen „Ohne Bekenntnis“, also nicht getauft worden. Es gibt über 30 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund an der Grundschule, von denen viele muslimisch sind. Katholisch getaufte Kinder gibt es in Lügde immer weniger. Eine Entwicklung, die stetig zunimmt, so die Wahrnehmung der Lehrerinnen. Sigrid Kleine-Elbracht schildert: „Deshalb war es vor  dem Beginn von KoKoRU bei uns im Sommer 2019 fast gar nicht mehr möglich, zwei annähernd gleich starke konfessionelle Gruppen für den Religionsunterricht zu bilden.“

Katholischer und evangelischer Schwerpunkt im Wechsel

Also beantragte die Grundschule St. Marien den Konfessionell-Kooperativen Religionsunterricht, für den die beiden Religionslehrerinnen eine Fortbildung machen mussten. Dann galt es, eben jenen gemeinsamen KoKoRu-Lehrplan auszuarbeiten. Themen wie das Vater Unser, Beten, die Geschichte von Mose oder Jesu Weg zum Kreuz waren schon vorher relativ gleich strukturiert – dazu kamen sowohl katholische Schwerpunktthemen wie das Symbol des Brotes für die Vorbereitung auf die Erstkommunion oder Martin Luther und die Reformation als evangelischer Schwerpunkt. „Das war ein Geben und Nehmen“, erklärt Kerstin Vietmeyer.

Jetzt unterrichten Kerstin Vietmeyer und Sigrid Kleine-Elbracht nicht mehr konfessionelle Gruppen, sondern Klassenverbände im Ganzen. Dabei wechseln sie sich bei allen Klassen nach jedem Schuljahr ab: „So bekommen die Kinder jedes Jahr eine andere konfessionelle Prägung“, sagt Kleine-Elbracht. Und das sei auch richtig so: „KoKoRU heißt nicht, dass meine Kollegin und ich alles nur noch gleich machen. Die jeweiligen evangelischen und katholischen Schwerpunkte sind uns weiterhin wichtig. Das Ziel ist zwar, Gemeinsamkeiten zu stärken, aber eben auch Unterschieden weiter gerecht zu werden.“ Konfessionelle Perspektiven bleiben somit sichtbar. Konkret lässt sich das an St. Martin, einem wiederkehrenden Thema, gut beschreiben: Eine Klasse bekommt im ersten Schuljahr den evangelischen Unterricht dazu, in zweitem Schuljahr dann den katholischen. Dann mit stärkerem Fokus auf die katholische Heiligsprechung.

KoKoRU bringt zwei große Vorteile

Nach mittlerweile mehr als einem Jahr in der Praxis sind die beiden Lehrerinnen von einer Sache ganz besonders überrascht: Durch KoKoRU nehmen nun deutlich mehr Kinder ohne Bekenntnis teil. „Eltern wollen offenbar doch, dass auch ihre nicht getauften Kinder am Religionsunterricht teilnehmen“, glauben Kleine-Elbracht und Vietmeyer. „Es scheint viele Eltern zu geben, die sich nun nicht mehr für eine Konfession entscheiden müssen, sondern ihren Kindern sozusagen die Wahlfreiheit lassen können, in dem diese Einflüsse beider Konfessionen erhalten.“

Verbleib im Klassenverband wichtig

Den aber wohl größten Pluspunkt sehen sie woanders: Die Kinder an der Grundschule in Lügde sind im neuen Religionsunterricht viel offener. Es tut ihnen gut, im Klassenverband zu bleiben und dort über persönliche Gefühle und Erfahrungen zu sprechen. „Vorher hingegen seien die Kinder teilweise aus drei verschiedenen Klassen für den Religionsunterricht zusammen, erklärt Kerstin Vietmeyer. Dadurch sei die vertraute Basis, die eine gemeinsame Klasse hat, nicht gegeben gewesen. „Gerade bei sensiblen Themen wie dem Tod war es deshalb sehr schwierig für die Kinder, darüber zu sprechen“, sagt Kleine-Elbracht. Vietmeyer ergänzt: „Die Kinder scheuen sich im KoKoRU bei uns nicht mehr, etwas Persönliches zu erzählen. Das ist ein Vorteil, der uns vorher gar nicht so bewusst gewesen ist.“

Kindern helfen, ihren Weg zu finden

Die Kinder selbst, so sagen die Pädagoginnen, würden bis zur dritten Klasse ohnehin gar nicht darüber nachdenken, ob und welcher Konfession sie angehören. Erst mit der Unterrichtseinheit „Evangelisch-Katholisch – Unterschiede und Gemeinsamkeiten“ schaffe man im Unterricht das Bewusstsein dafür. Und immer wieder seien es gerade auch die Kinder ohne Bekenntnis, die den KoKoRU bereichern: Indem sie interessante, manchmal auch provokative Fragen stellen. „Zuhause bekommen Kinder heute oft keine Antworten mehr auf die Fragen, die sie definitiv haben. Und da außerdem der Gang in die Kirche fehlt, bekommen sie auch dort keine Antworten mehr“, schildert Sigrid Kleine-Elbracht. „Die Kinder suchen ihren Weg im Glauben  – und da können wir im gemeinsamen Religionsunterricht mit unterschiedlichen Konfessionen nun vielleicht noch mehr dabei helfen, diesen zu finden.“

In der Grundschule St. Marien in Lügde ist der Konfessionell-Kooperative Religionsunterricht erstmal für drei Jahre beantragt. Doch Sigrid Kleine-Elbracht und Kerstin Vietmeyer wissen schon jetzt: Mit KoKoRU soll es weitergehen. „Wir sehen in dem Konzept wirklich nur Vorteile.“

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