Frage von Kompetenz und technischen Know-hows
Die Messe in einer leeren Kirche abhalten zu müssen, behagt Wiemers nicht. „Ich möchte mit der versammelten Gemeinde während der Feier des Gottesdienstes interagieren und glaube, dass sich auch die Gläubigen einen echten Austausch wünschen.“ Den kommenden Erfahrungen, einen Gottesdienst nun mit Mundschutz zelebrieren zu müssen, steht er skeptisch gegenüber, „denn ich kann die Reaktionen der dann versammelten Gemeinde nur schwer einschätzen und auch für die Gottesdienstbesucher wird es ungewohnt. Ob da eine richtige Gemeinschaft entstehen kann?“
Ansgar Wiemers weiß, dass es ein breites geistliches, digitales Angebot gibt an Livestreams und Online-Chats. Jeder müsse sich überlegen, welches Angebot er beisteuern könne. Es ist eine Frage der Kompetenz und des technischen Know-hows, um einen Livestream übertragen zu können oder einen Gottesdienst aufzuzeichnen und online zu stellen. „Streamen sollen die, die es können! Deshalb haben wir uns dazu entschieden, Ratschläge für einen privaten Hausgottesdienst auf unsere Homepage zu stellen und das Ganze mit passenden Links zu unterfüttern.“ Zu Ostern gab es einen Videoimpuls.
Stimmengewirr wie zu Pfingsten
Vor allem ein Angebot für Kinder bereitzustellen, war Wiemers wichtig. Einige freiwillige Musiker nahmen Lieder auf, die jeder online abspielen und dazu singen kann. Mit einer Single-Gruppe, die sich bereits früher regelmäßig traf, gibt es Jitsi-Runden mit Gesprächen über die Bibel und gemeinsamem Singen. „Das tat allen gut“, so Ansgar Wiemers. Die Rückmeldungen zu den digitalen Angeboten seien positiv. „Es gab Ratschläge, was wir verbessern könnten und Dank für unser Angebot. So ist tatsächlich ein Dialog möglich gewesen.“ Und doch wünscht er sich, dass es irgendwann wieder richtige Gottesdienste ohne Beschränkungen gibt.
Ein ganz besonderes Erlebnis hatte Wiemers, als er an einem Telefongottesdienst teilnahm und zum Vaterunser alle Teilnehmer hörbar gleichzeitig das Gebet sprachen. Die Verzögerung in der Übertragung sorgte für ein buntes Durcheinander an Worten. „Das war eindrucksvoll und hatte etwas vom Stimmengewirr zu Pfingsten. So etwas könnte ich mir auch für die Zukunft vorstellen, wenn ich vielleicht einmal einen Gottesdienst via Telefon zelebrieren muss.“
In einem Gespräch über das Osterevangelium bekam Wiemers einen eindrucksvollen Denkanstoß, der in die Zukunft reicht. Ein Gemeindemitglied bemerkte, dass an Ostern das Grab Jesu, zu dem die Frauen gingen, leer gewesen sei, so wie nun die Kirchen. Das möge ein etwas steiler Vergleich sein, „doch sind die Frauen damals zu Jesus gegangen, so wie wir uns nun vielleicht auf den Weg machen sollten, Jesus suchen zu gehen. Mindestens im Dialog können wir uns jetzt schon auf diese Reise machen. Vielleicht können wir so eine neue Art finden, Kirche zu sein“, resümiert Ansgar Wiemers.
Wir gestalten Kirche!
In der Zukunft wird sich zeigen, wie analoge und digitale Angebote miteinander kombiniert werden können, denn die Einschränkungen durch das Coronavirus werden noch eine Zeit lang bestehen bleiben. Doch bietet sich gerade hier ein Feld für neue Entwicklungen und Eigeninitiative, denn nur mit Hauptamtlichen kann ein so umfangreiches Angebot schwer aufrechterhalten werden. Hier sind kreative Ideen und Initiativen von Jung und Alt gefragt. Wir gestalten Kirche! Corona bietet die Möglichkeit, den Weg für unsere Kirche gemeinsam zu bereiten und zusammen am Zukunftsbild der Kirche mitzuarbeiten.