Zeugnis regionaler Kulturgeschichte
Ihre Einweihung am Martinstag 1683 nach gut zweieinhalb Jahren Bauzeit markierte den Abschluss des Neubaus der im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Abteikirche, blickt Josef Kowalski, geschäftsführender Vorsitzender des Kirchenvorstandes der Kirchengemeinde St. Stephanus und Vitus Corvey, in die Geschichte. Zusätzlich zu ihrem internationalen Stellenwert sei die Orgel auch ein Zeugnis regionaler Kulturgeschichte. Denn ihr Erbauer Andreas Schneider habe ebenso in Höxter gelebt wie der Bildhauer Thomas Freden, der den prächtigen Prospekt schuf.
Diese Schauseite macht die Orgel in Corvey auch angesichts der Form der erhaltenen Prospektpfeifen mit ihren Engelszungen absolut unverwechselbar, ordnet Dekanatskirchenmusiker Jörg Kraemer das Barockinstrument als herausragend ein. Die mitteltönige Stimmung in Anlehnung an die Erbauungszeit verleihe ihr ein weiteres Alleinstellungsmerkmal. Die Orgel gehöre zu den bedeutendsten in Europa und der Welt und werde beim Fachpublikum auf großes Interesse stoßen.
Viele Pfeifen mussten neu gebaut werden
„Viele der Pfeifen – weit mehr als ein Drittel – mussten neu gebaut werden“, informiert Jörg Kraemer über die notwendigen Arbeiten. Wichtige alte Pfeifen wie das für die Mitteltonstimmung ausschlaggebende Register Principal hätten aber erhalten und restauriert werden können. „Es ist eine Herausforderung für Orgelbauer, aus den alten Pfeifen einen Bauplan für die übrigen Pfeifen zu entwickeln und sie aus den vorhandenen Modulen heraus im Geiste von Andreas Schneider zu rekonstruieren“, betont Jörg Kraemer. Daher sei es beruhigend gewesen, die Orgel bei der niederländischen Orgelbaufirma Flentrop in erfahrenen Händen zu wissen. Ein Glücksfall sei es auch gewesen, dass die Firma Flentrop für die so wichtige Intonation des Barockinstruments zwei Fachleute entsandt hat, die gleichermaßen ausgewiesene Organisten und versierte Orgelbauer sind. „Sie wissen, worauf es ankommt, um diese Pfeifen zum Leben zu erwecken.“
Daran haben die beiden Intonateure, Dick Koomans und Jan Spijker, seit November 2020 mit Akribie, Ausdauer und Leidenschaft gearbeitet. „Es ist ein Traum, den wir verwirklichen.“ Beteiligt daran seien aber nicht nur sie, wie sie betonen, sondern auch die Kollegen, die den technischen Einbau gemeistert haben. „Dieser Traum ist eine Mannschaftsleistung“, betonen die Intonateure, die von Haarlem in den Niederlanden bis Sao Paulo in Brasilien kostbare Kirchenorgeln zum Klingen bringen und das Corveyer Instrument als eines ihrer besonderen einstufen.