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Erzbistum Paderborn
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Besser direkt einkaufen

Direktvermarktung zwischen Anspruch und Rentabilität

Themenspecial „Kirche & Land(wirtschaft)“: Direktvermarktung zwischen Anspruch und Rentabilität

Wenn man einen Trend belegen möchte, dann liefert man am besten: Zahlen. Zum Beispiel um zu zeigen, dass sich während der Corona-Krise ein starkes Bewusstsein für den Wert von regionalen und saisonalen Lebensmitteln entwickelt hat. Also für die Direktvermarktung. Einige Medien beschrieben einen „Boom von Hofläden“, andere erklärten diesen Boom bereits für wieder beendet. Doch so leicht ist es bei diesem Thema nicht.

Zunächst sei die Frage erlaubt: Was hat das Thema Direktvermarktung auf der Homepage eines Erzbistums zu suchen? Eine Menge. Beim Einkaufen (aber nicht nur da) wird der Glaube an Gott konkret. Nächstenliebe bedeutet eben auch, Produkte einzukaufen, für die Landwirte und Menschen, die die Lebensmittel verarbeiten, gerecht bezahlt werden, bei denen es den Tieren gut geht und die der Umwelt möglichst wenig schaden. Gerechtigkeit, Tierwohl, Schöpfungsverantwortung – das sind die Stichworte.

Von der Vertrauenskasse bis zum Supermarkt

Zweitens ist das Thema einen Blick wert, weil sich auch Mitarbeitende des Erzbistums dafür einsetzen – Johannes Lohmann zum Beispiel. Wenn der 58-Jährige sich nach dem Dienst in der Poststelle des Erzbischöflichen Generalvikariats ausstempelt, fährt er auf seinen Krusenhof in Etteln im Paderborner Hochstift. Dort grasen 40 Schafe mit ihren Lämmern, picken 140 französische Bressehühner, schnattern 80 Gänse und 20 Pekingenten. Lohmann, zertifizierter Bio-Landwirt im Verband Naturland, verkauft das Fleisch der Tiere auf seinem Hof. In der Woche nach Feierabend, samstags von 10 bis 16 Uhr. Damit ist er einer von, ja von wie vielen Direktvermarktern in Deutschland?

Anruf bei der Ute Heimann, leitende Redakteurin der Zeitschrift „Hof Direkt“ in Münster. Auch sie kennt keine belastbaren Zahlen, wie viele Landwirte in Deutschland ihre Produkte oder einen Teil davon direkt vermarkten.

Der Grund: Die Betriebe müssen nicht melden, ob sie ihre Produkte selbst verkaufen und auch nicht, wie hoch der Anteil des Betriebszweigs am gesamten Einkommen ist. Dabei sind die Möglichkeiten vielfältig.

Wer mit offenen Augen durch den ländlichen Raum fährt, der sieht Gemüsehöfe, die Möhren und Kartoffeln auf Vertrauensbasis auf der Deele verkaufen. Milchviehbetriebe, die Milch oder Eis vom Hof in einem Automaten anbieten. Betriebe, die mit ihrem Fleisch, dem Gemüse oder Obst eigene Läden aufgemacht haben, manche davon gleichen einem Supermarkt.

Auch, wenn es keine belastbaren Zahlen gibt, erkennt Ute Heimann doch gewisse Trends. Zum Beispiel, dass in der Corona-Zeit mehr Menschen bei Direktvermarktern einkaufen. Von zehn bis 40 Prozent mehr Kunden sprechen die Landwirte, mit denen sie im Kontakt steht. Eine weitere Tendenz ist, dass die Direktvermarktung gerade Höfen mit kleinerer Struktur eine Perspektive bietet, während landläufig immer größere landwirtschaftliche Betriebe die kleinen verdrängen.

Saisonal, regional, ökologisch, fair

Wie wichtig es ist, dass es weiterhin viele landwirtschaftliche Betriebe vor Ort gibt, weiß Melanie Fecke, Referentin für Entwicklungspolitische Bildungsarbeit des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Erzbistum Paderborn. Die christlichen (katholischen und evangelischen) Jugendverbände haben sich bereits seit einiger Zeit das Thema kritischer Konsum auf ihre Fahnen geschrieben.

Um der Schöpfungsverantwortung beim Einkauf nachzukommen, nennt sie vier Kriterien: saisonal, regional, ökologisch, fair. Und zwar in der Reihenfolge. Daraus folgt eine einfache Gleichung: Nur, wenn Landwirte vor der Haustür ihre Produkte anbieten, können Verbraucher auch saisonal und regional einkaufen.

Es braucht also Landwirte wie Johannes Lohmann – und damit zurück auf den Krusenhof in Etteln. Als Lohmann den Hang hochkraxelt, auf dem seine 20 Pekingenten watscheln, kommt er ins Plaudern über sein Hobby Landwirtschaft. Er ist einer, der seiner Begeisterung gar nicht so richtig Ausdruck verleihen kann, sondern immer wieder sagt: „Ich glaube, man merkt, dass ich es lebe. Ich lebe mein Bio. Ich lebe meinen Traum“. Und er lebt darin auch seinen Glauben aus. „Gott hat mir das geschenkt, dass ich so mit den Tieren umgehen kann“, sagt Lohmann.

Durch die Tür links geht es in den Hofladen des Krusenhofs. Foto: Schulte

Eher Idealismus als ein Geschäftsmodell

Der Hofladen – auf dem Krusenhof ist das die Deele, in der zwei Tiefkühltruhen summen. Hähnchenbrust, Burger-Pattyies aus Lammfleisch und Entenleber verkauft er tiefgekühlt. Damit kommen wir zum geschäftlichen Teil – und der sieht weniger rosig aus. Lohmann sagt, dass er sich über mehr Kunden freuen würde. Mit dem Platz, der er für  Tiere hat, könnte er noch mehr Fleisch als bisher verkaufen.

Eine Konstante sind dabei die Menschen, die sich in Lohmanns „Solawi“, der solidarischen Landwirtschaft zusammentun. Sie zahlen 60 Euro im Monat und dürfen sich dafür 2,5 kg Fleisch abholen. Außerdem helfen Sie zum Teil auf dem Hof mit. Gerade während des Lockdowns hätten diese Solawis seinen Betrieb über Wasser gehalten.

Es zeigt, wie komplex die Lage ist: Die meisten Verbraucher haben eine romantische Idealvorstellung der Landwirtschaft, die mit der aktuellen Massentierhaltung nur wenig zu tun hat. Wenn dann doch bei Bauern wie Lohmann nur wenige Tiere auf viel Platz grasen, wird es teurer, für die meisten Verbraucher zu teuer, und damit für die Landwirte nicht rentabel. Denn das, was Johannes Lohmann auf dem Krusenhof betreibt, lässt sich eher als Idealismus statt als Geschäftsmodell bezeichnen.

“Muss normal werden, nachhaltig einzukaufen”

Bleibt die Frage: Was tun? Beantworten lässt sich die Frage am Beispiel von Melanie Fecke. Denn zunächst kommt es auf jeden und jede Einzelne an. Es fängt mit der Entscheidung an, wie, wo und was man einkauft – und was das kosten darf. Melanie Fecke bestellt jede Woche eine Kiste voll mit Bioprodukten, die ein Zwischenhändler von einem Bio-Großmarkt in der Region bezieht. „Es muss normal werden, nachhaltig einzukaufen“, sagt sie. Doch sie merkt auch: Wer gute Produkte aus der Region essen möchte, der muss mehr als im Discounter bezahlen. Wesentlich mehr.

Das kann sich nicht jeder leisten – und Nachfrage führt zu Angebot. In diesem Fall zu Massentierhaltung. Deshalb setzt sich Fecke als Referentin für Entwicklungspolitische Bildungsarbeit des BDKJ auch politisch mit öffentlichen Aktionen dafür ein, „gute Rahmenbedingungen“ im Lebensmittelsektor zu schaffen. Eine Möglichkeit sieht sie darin, die Agrar-Subventionen der Politik so zu steuern, dass gut produzierte regionale Produkte bezahlbar sind. Es wäre ein Schritt in eine nachhaltige Zukunft – und auch auf Gott zu.

Denn Fecke sagt: „Wenn ich einkaufe, dann ist Gott bei dem Mensch, der einkauft, bei dem, der verkauft und bei den Menschen, die hinter den Produkten stehen. Und natürlich bei der Umwelt, die die Bedingungen für die Produkte gibt. Gott ist in allem“.

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