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Erzbistum Paderborn
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Aus Spaß an der Freud

Gesellschaftliches Engagement und Ehrenamt in Zahlen

Willst du froh und glücklich leben, lass kein Ehrenamt dir geben … Gibst viel Geld aus, opferst Zeit und der Lohn? Undankbarkeit! Vieles von dem, was Wilhelm Busch im 19. Jahrhundert zusammendichtete, hat bis heute Gültigkeit. Aber was die Kernbotschaft seines Gedichts vom Ehrenamt anbelangt, sind viele Menschen anderer Meinung und deutlich zuversichtlicher gestimmt. Millionen ehrenamtlich Engagierte geben hierzulande gern ihr Geld aus und opfern bereitwillig ihre Zeit, weil sie in ihrem Ehrenamt einen Sinn sehen.

Aber wie viele sind es genau? Wer übernimmt welche Aufgaben aus welcher Motivation? Gibt es signifikante Unterschiede bei Alter, Geschlecht, Bildung und Einkommen? Und was ist das überhaupt, ein Ehrenamt?

Was ist ein Ehrenamt?

Aktiver, unentgeltlicher, öffentlicher und gemeinschaftlicher Altruismus

Laut Definition des Vereins Deutsches Ehrenamt bedeutet Ehrenamt, für eine Organisation freiwillig und ohne Vergütung Arbeit für das Gemeinwohl zu leisten. Nach dieser Begriffsbestimmung wären Menschen, die in einer lockeren Gruppe Müll an Gewässerrändern aufsammeln, nicht ehrenamtlich aktiv, weil sie keiner Organisation angehören. Andere Definitionen fassen das Ehrenamt daher weiter als freiwillige und unentgeltliche Arbeit für karitative Organisationen, Initiativen, Gruppen und Einrichtungen.

Im Ergebnisband zum Fünften Deutschen Freiwilligensurvey 2019, einer vom Bundesministerium für Familie beauftragten Studie, wird das Ehrenamt anhand der vier Kriterien „aktiv, unentgeltlich, öffentlich und gemeinschaftlich“ definiert. Blutspenden zählt demnach nicht zum ehrenamtlichen Engagement, da dies nicht mit einer eigenen Aktivität im Sinne von Arbeit verbunden ist. Die Pflege von Angehörigen zählt ebenfalls nicht zum Ehrenamt, da diese Tätigkeit weder öffentlich noch gemeinschaftlich verrichtet wird.

 

Wie viele ehrenamtlich Engagierte gibt es?

Seid umschlungen, Millionen!

Das vom Bundesministerium für Familie beauftragte Freiwilligensurvey 2019 kommt auf 28,8 Millionen Menschen, die sich freiwillig engagieren. Das ist eine überaus stattliche Zahl, mit der auch der gesellschaftliche Zusammenhalt dokumentiert werden soll. Immerhin spricht die Bundesregierung vom Ehrenamt als dem Rückgrat der Gesellschaft. Aber was bedeutet diese Zahl? Und wie steht sie im Zusammenhang mit deutlich niedrigeren Zahlen aus anderen Quellen? Aufschluss darüber gibt unter anderem eine Studie aus dem Institut für Demoskopie Allensbach. Dort wird genauer unterschieden zwischen einem weiteren Kreis, der sich gelegentlich oder auch regelmäßig in unterschiedlichsten Bereichen freiwillig engagiert, und einem engeren Kreis, der eine feste Aufgabe oder ein festes Amt übernimmt. Dieser engere Kreis bestand 2021 einer Allensbach-Umfrage zufolge aus 16,2 Millionen Menschen in Deutschland.

Ein Vergleich nach Bundesländern ist übrigens nicht möglich. Aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden rühmt sich (fast) jedes Bundesland mit dem größten bürgerschaftlichen Engagement in Deutschland.

Was machen die ehrenamtlich Engagierten?

Es lebe der Sport!

Die meisten freiwilligen Ehrenamtlichen engagieren sich im Sport, insbesondere in Sportvereinen. 13,5 Prozent der Gesamtbevölkerung über 14 Jahre berichten über eine freiwillige Mitarbeit oder Mithilfe in diesem Bereich. An zweiter Stelle folgt der Bereich Kultur oder Musik, in dem 8,6 Prozent der Bevölkerung aktiv sind. Immerhin 6,8 Prozent der Bevölkerung sind im Umfeld von Kirchen und Religionsgemeinschaften aktiv. Politisch aktiv sind 2,9 Prozent der Bevölkerung. 2,7 Prozent leisten Hilfe im Rettungsdienst, sind also bei freiwilliger Feuerwehr, THW, Wasserwacht oder DLRG aktiv.

Zwei oder drei Prozent, das klingt nach wenig. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Grundgesamtheit aus der Wohnbevölkerung Deutschlands in Privathaushalten im Alter ab 14 Jahren besteht, also aus 72,5 Millionen Menschen (Stand 2019). Ein Prozent der Grundgesamtheit steht demnach für 725.000 Menschen. Wenn sich 2,7 Prozent der Bevölkerung ehrenamtlich im Rettungsdienst einsetzen, sind im absoluten Zahlen knapp zwei Millionen Personen in ihrer Freizeit in Blaulicht-Jobs engagiert. 6,8 Prozent kirchlich Engagierte stehen für fünf Millionen Menschen.

Was motiviert die ehrenamtlich Engagierten?

Ehrenamt macht Freude!

Ehrenamtliches Engagement ist altruistisch, es kommt aber viel zurück zu den Engagierten. Nach der Studie „Motive des bürgerschaftlichen Engagements“ des Instituts für Demoskopie Allensbach steht für knapp drei Viertel der Engagierten der Spaß an der Freud im Vordergrund – es bereitet ihnen schlicht und ergreifend Freude, sich zu engagieren. Viele beziehen ihre Motivation auch daraus, anderen zu helfen und mit der eigenen Tätigkeit etwas bewegen zu können. Ebenfalls wichtig ist, im Ehrenamt Leute zu treffen und neue Leute kennenzulernen. Die Übernahme eines Ehrenamtes auf äußeren Druck hin, „weil sich das so gehört“, spielt heutzutage so gut wie keine Rolle mehr.

Welche Unterschiede und Besonderheiten gibt es?

Die Engagierten haben mehr vom Leben.

Bürgerschaftliches Engagement gibt es in allen Teilgruppen der Gesellschaft. Dennoch gibt es einige Unterschiede und Besonderheiten:

Die Lücke schließt sich langsam, aber immer noch sind Westdeutsche etwas stärker engagiert als Ostdeutsche (40,4 Prozent zu 37,0 Prozent ehrenamtlich Engagierter im Bezug auf die Gesamtbevölkerung über 14 Jahre im Jahr 2019; im Jahr 1999 waren 32,6 Prozent im Westen und nur 24,7 Prozent im Osten ehrenamtlich engagiert).

In der Vergangenheit war das ehrenamtliche Engagement der Männer stets größer als das der Frauen. Das Verhältnis ist im Jahr 2019 erstmals seit Beginn der Erhebungen ausgeglichen.

Im Ehrenamt spiegeln sich Geschlechterklischees: Männer engagieren sich häufiger im Sport (Fußball!) und im Rettungsdienst, Frauen sind häufiger im sozialen Bereich, in Schule und Kindergarten und im Umfeld der Kirche unterwegs.

Je höher die Schulbildung und das Haushaltseinkommen, desto größer der ehrenamtliche Einsatz.

Mitglieder von Glaubensgemeinschaften sind engagierter als Menschen ohne Bindung an eine Kirche.

Im ländlichen Raum gibt es – geprägt durch das Vereinsleben – mehr bürgerschaftliches Engagement als in der Stadt.

Besonders stark engagiert sind Menschen in den 60ern, sie bringen die meisten Wochenstunden in ihr Ehrenamt ein. Viele Menschen, die kurz vor dem Ruhestand stehen oder erst vor kurzem in den Ruhestand eingetreten sind, haben gleich mehrere ehrenamtliche Betätigungsfelder. Ebenfalls stark engagiert sind Menschen, die noch zur Schule gehen.

Ehrenamtlich Engagierte sind auch in anderen Lebensbereichen besonders aktiv. Sie sind öfter in der Natur unterwegs oder nehmen häufiger am kulturellen und politischen Leben teil als nicht Engagierte.

Früher war alles besser?

Falsch!

Ehrenamtliches Engagement hat laut Freiwilligensurvey seit 20 Jahren konstant zugenommen. 1999 waren nur 30,9 Prozent der Personen über 14 Jahre ehrenamtlich engagiert, 2019 waren es dagegen 39,7 Prozent. Noch größer wird der Unterschied in einer Langzeitbetrachtung. Nach Angaben des Instituts für Demoskopie Allensbach hatten 1954 gerade einmal acht Prozent der Bevölkerung ein Ehrenamt inne, 14 Prozent der Männer und nur zwei Prozent der Frauen.

Einen Schub hat das Ehrenamt im Jahr 2015 erfahren, als besonders viele Menschen aus Bürgerkriegs- und Krisenregionen nach Deutschland flüchteten. Nach Angaben des Bundesministeriums für Familie haben zwischen 2015 und 2018 rund 55 Prozent der Bevölkerung ab 16 Jahren Hilfe für Geflüchtete geleistet, sei es durch Geld- und Sachspenden, durch öffentliche Fürsprache oder durch aktive Hilfen. Ein organisiertes Ehrenamt in der Geflüchtetenhilfe übernahmen 12,4 Prozent der Bevölkerung.

Wie wirkt sich COVID-19 langfristig auf das ehrenamtliche Engagement aus?

Das ist noch nicht raus.

Über die langfristigen Auswirkungen der Pandemie auf das ehrenamtliche Engagement gibt es noch keine veröffentlichten wissenschaftlichen Forschungsergebnisse, die eine Gesamtschau zulassen würden. Momentaufnahmen zeigen allerdings, dass mit den Kontaktbeschränkungen auch die Möglichkeiten für bürgerschaftliches Engagement stark beschnitten wurden. Ein Lichtblick: Viele ehrenamtlichen Aktivitäten haben sich ins Internet verlagert und können, nachdem sie dort Pandemie überwintert haben, im echten Leben reaktiviert werden.

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