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Unser Glaube
16. Mai 2021
Bielefeld-Heepen

Ankommen nach einem langen Weg

Die Pfarrkirche St. Hedwig in Bielefeld-Heepen ist ein Zeitzeugnis deutscher Nachkriegsgeschichte

Die Pfarrkirche St. Hedwig in Bielefeld-Heepen ist ein Zeitzeugnis deutscher Nachkriegsgeschichte

Als Kirchenort ist Heepen uralt. Die Spuren der christlichen Gemeinde reichen bis ins Jahr 825 zurück. Seinerzeit war das Bistum Paderborn gerade einmal 26 Jahre alt. Bernhard Brackhane, seit sieben Jahren Gemeindepfarrer von St. Hedwig in Heepen, ist stolz auf die Kirchengeschichte seiner Pfarrei. Gern und augenzwinkernd erzählt er die Geschichte, dass vor gut 800 Jahren Bielefeld mit der Altstädter Nikolaikirche von Heepen abgepfarrt wurde: „Ohne diese Abpfarrung würde womöglich heute eine Mannschaft namens Arminia Heepen in der 1. Bundesliga kicken.“ Zugleich ist Pfarrer Brackhane ein Kenner der neueren Geschichte seiner Kirchengemeinde.

In der ersten Nachkriegszeit sind zwischen 30 und 40 Millionen Menschen in Mitteleuropa unterwegs

Nach dem Zweiten Weltkrieg stehen die Alliierten in Deutschland vor großen Aufgaben: Wehrmachtssoldaten gehen in Kriegsgefangenschaft, ausländische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, die im Nationalsozialismus interniert waren, wollen schnell nach Hause. Kriegsflüchtlinge sind aus den deutschen Ostgebieten vor den russischen Truppen in den Westen geflohen. Ihnen folgt die zweite Welle der Heimatvertriebenen, die von den tschechischen und polnischen Behörden aus ihren Dörfern und Städten vertrieben worden sind. Viele Kinder, die vor dem Bombenkrieg aus den Städten aufs Land evakuiert worden waren, ziehen auf eigene Faust los und suchen ihre Eltern. Schätzungen zufolge sind in der ersten Nachkriegszeit zwischen 30 und 40 Millionen Menschen in Mitteleuropa unterwegs – und das bei zerbombten Städten, zerstörten Eisenbahnlinien und einer schlechten Ernährungslage.

500 Menschen aus Hemmersdorf in Schlesien

Ein Teil in diesem „Strudel“ sind 500 Menschen aus Hemmersdorf in Schlesien. Sie sind in ihrer Heimat geblieben, bis sie 1946 die Anweisung der neuen polnischen Führung erhalten, am nächsten Tag den Ort zu verlassen. Die polnische Kommandantur bestimmt Pfarrer Herbert Mischkowsky zum Anführer des Trecks. Ein Güterzug bringt die Menschen nach Marienborn nahe Helmstedt, wo die Vertriebenen aufgeteilt werden. Ein Teil landet in Friesland, ein anderer im Harz, das Gros im Raum Bielefeld.

Gleich nach der Ankunft feiern sie wieder Gottesdienste

„Seit der Reformation  war Bielefeld evangelisches Gebiet“, berichtet Pfarrer Brackhane. „Nur das Franziskanerkloster St. Jodokus blieb katholisch. Anfang des 19. Jahrhunderts säkularisiert, blieb die Pfarrkirche Bezugspunkt für das weite Umfeld. Zwei weitere Pfarreien entstanden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, unter anderem als Folge der Arbeitsmigration. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen so viele katholische Flüchtlinge und Heimatvertriebene ins Land, dass 13 neue Pfarreien entstanden.“ Die Neuankömmlinge werden unterschiedlich aufgenommen. Manche Alteingesessene verspotten sie als „Rucksack-Deutsche“, andere kümmern sich liebevoll um die Menschen, die nicht nur ihr Hab und Gut, sondern auch ihre Heimat verloren haben. Die Geflüchteten wollen nicht lange bei Fremden einquartiert und auf Hilfe angewiesen sein. Sobald sich die Gelegenheit bietet, errichten sie in Wohnungsbauvereinen die typischen Siedlungshäuschen. Und gleich nach der Ankunft feiern sie wieder Gottesdienste. In Heepen nutzen die Menschen aus Schlesien zunächst eine Kapelle, die Kirchenbänke sind über 20-Liter-Benzinkanister gelegte Holzbretter.

Das Angekommen-Sein

Ein Jahrzehnt später hat sich das Bild gewandelt. In der Ortsmitte Heepens wird in den Jahren 1955 und 1956 mit viel Eigenleistung eine Kirche gebaut und der heiligen Hedwig, der Schutzpatronin Schlesiens, geweiht. Anders als beim Bau ihrer Siedlungshäuschen, bei denen aus Kostengründen wenig Beton und Mörtel eingesetzt wurde, sparen die Erbauer von St. Hedwig in Heepen nicht mit Zement und Kalk. Die teilweise erhaltene Erstausstattung der Kirche zeugt von Kunstsinn. Das Geläut mit seinen drei Glocken ist abgestimmt auf das der evangelischen Kirche St. Peter und Paul – passend zur harmonisch-ökumenischen Nachbarschaft der Gemeinden. Zugegeben: Von außen sieht St. Hedwig unscheinbar aus, eben wie eine typische Kirche der 1950er-Jahre. Sieht man genau hin und hört man der Kirche aufmerksam zu, kann sie eine Geschichte übers Ankommen erzählen – und über das Angekommen-Sein.

Foto: Besim Mazhiqi/Erzbistum

Bistumskalender 2021: Auf dem Weg im Erzbistum Paderborn

Der diesjährige Bistumskalender nimmt uns mit auf eine Reise durch das Erzbistum Paderborn und macht jeden Monat Halt an zwei besonderen Orten: an zahlreichen Kapellen oder Kreuzwegen, die jeweils Zeugen einer interessanten Entstehungsgeschichte sind. Darüber hinaus erzählt der Kalender faszinierende Geschichten von Menschen, die mit diesen Orten verbunden sind – manchmal nicht nur über viele Jahre, sondern sogar über weite Entfernungen hinweg.

Wir stellen Ihnen hier alle zwei Wochen das neueste Kalenderblatt vor.

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