Siegburg (KNA) Die bürgerlichen Parteien haben im Umgang mit den Sozialen Medien viel versäumt: Das räumt CDU-Politiker Ansgar Heveling ein. "Auf Tiktok wird man geradezu überschwemmt von Videos der AfD", sagte er am Wochenende in Siegburg. Auch im Bundestag, dem der Jurist seit 16 Jahren an ...
Siegburg (KNA) Die bürgerlichen Parteien haben im Umgang mit den Sozialen Medien viel versäumt: Das räumt CDU-Politiker Ansgar Heveling ein. "Auf Tiktok wird man geradezu überschwemmt von Videos der AfD", sagte er am Wochenende in Siegburg. Auch im Bundestag, dem der Jurist seit 16 Jahren angehört, mache sich bemerkbar, dass die Reden der Partei auf Social-Media-Wirksamkeit angelegt seien.
Vielfach greife die AfD bestimmte Trends aus dem Netz auf, um daraus politische Forderungen abzuleiten. Die Frage, ob diese Themen wirklich eine Mehrheit der Gesellschaft umtreiben, gerate dabei in den Hintergrund, kritisierte der Abgeordnete: "Oft kommt es nicht mehr zu einem echten Diskurs. Das weckt schon die Sorge, ob wir die Fähigkeit zur Reflexion verlieren."
Das gemeinsame Verständnis von Werten und Familie habe sich in den vergangenen 15 Jahren zunehmend fragmentiert, sagte Heveling. Auch gingen Nuancen zunehmend unter: Wenn etwa die US-Regierung die Meinungsfreiheit in Deutschland in Gefahr sehe, hänge dies mit einem traditionell unterschiedlichen Verständnis von Meinungsfreiheit in beiden Ländern zusammen. "Den Umgang mit Globalisierung müssen wir in solchen Fällen noch lernen." Mit Künstlicher Intelligenz (KI) würden diese Entwicklungen sich noch verschärfen.
Die Rolle von KI beschrieb auch die Religionswissenschaftlerin Verena Eberhardt als schwierig. Social Media biete indes eine Chance zur Außendarstellung für diejenigen, die lange Zeit etwa in den klassischen Medien kaum eine Rolle gespielt hätten.
Angesichts ständig neuer Trends komme es um so mehr auf die Fähigkeit zur kritischen Reflexion an. Beispielhaft nannte Eberhardt die "Tradwives"-Bewegung: Die Wortschöpfung steht für Frauen, die sich selbst als traditionelle Hausfrau und Mutter betrachten. Entscheidend sei jedoch, so die Expertin, dass sie mit der Vermarktung dieses Lebensmodells auf Social Media Geld verdienten: "Die Tradwives-Bewegung hat sich auf der ganzen Welt verbreitet, obwohl sie aus einem sehr spezifischen Kontext stammt, nämlich aus rechtslastigen Kreisen in den USA."
Auf Instagram und Co. würden - auch jenseits der Tradwives-Bewegung - vielfach Idealbilder von Familie, Mutterschaft und Kindheit propagiert. "Was Familie ausmacht, wird in den Kommentarspalten verhandelt", sagte die Forscherin.
Zugleich nähmen es immer mehr Menschen als Herausforderungen wahr, eine Familie am Laufen zu halten. "Auch durch größere räumliche Distanzen zwischen den Generationen steigt der Bedarf an Beratung, Ratgebern und Familien-Coachings", sagte Eberhardt. Jüngere Erwachsene schilderten zudem immer häufiger Schwierigkeiten, überhaupt einen Partner bzw. eine Partnerin zu finden, um eine stabile Beziehung und möglicherweise eine Familie aufzubauen. - Beide äußerten sich bei der Bundesdelegiertenversammlung des Familienbundes der Katholiken, die am Sonntag zu Ende geht.